Modellprojekt:Staatsbürgerkunde für Imame

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Die Stadt bietet muslimischen Seelsorgern Kurse an, um sie mit den hiesigen Strukturen vertraut zu machen. Darin sollen Kenntnisse über das Bildungs- und Sozialsystem und über München vermittelt werden.

Berthold Neff

Auftakt für ein bundesweites Modellprojekt: Am heutigen Mittwoch startet im Großen Sitzungssaal des Rathauses das Pilotvorhaben, Imame und muslimische Seelsorger im Rahmen einer berufsbegleitenden Fortbildung mit den Strukturen des öffentlichen Lebens in Deutschland vertraut zu machen. Das Angebot wurde von der Stelle für interkulturelle Arbeit im Sozialreferat gemeinsam mit der Muslimischen Akademie Berlin und der Akademie für politische Bildung in Tutzing entwickelt.

Der Fortbildungslehrgang für Imame soll einen Beitrag zur Integration der Muslime - hier beim Gebet in der Freimanner Moschee -leisten. (Foto: Foto: ddp)

Die Stadt verspricht sich von dem Projekt deshalb viel, weil die Imame und muslimischen Seelsorger meist in ihren Herkunftsländern - vor allem der Türkei - ausgebildet und sozialisiert wurden. Sie könnten ihren Gemeindemitgliedern zwar in religiösen Fragen mit Rat und Hilfe zur Seite stehen, in Fragen des Alltags hapere es aber oft. Erschwerend kommt hinzu, dass viele Imame nur für einige Jahre in Deutschland tätig sein dürfen. Schon allein deshalb fehlen ihnen detaillierte Kenntnisse über das Bildungs-, Gesundheits- und Sozialsystem in Deutschland.

"München-Kompetenz"

Ziel der Weiterbildung mit dem Titel "München-Kompetenz", die insgesamt acht ganztägige Module umfasst, ist es deshalb, die Teilnehmer besser mit den Strukturen des öffentlichen Lebens vertraut zu machen. Das Thema des ersten Tages etwa, am 1. Dezember, lautet "Angekommen in Bayern und in München". Danach geht es, jeweils montags bis einschließlich Juli 2009, um weitere Aspekte des öffentlichen Lebens - etwa Geschichte und Politik Deutschlands, Dienstleistungen der Stadtverwaltung, Prinzipien des Rechtsstaats oder interkulturelles und interreligiöses Leben.

Die Veranstaltungen finden in der Seidlvilla am Nikolaiplatz 1b statt und werden simultan von Dolmetschern ins Türkische und Arabische übersetzt. Da die Fortbildung vormittags von 9 bis 13 Uhr dauert, wird den Teilnehmern in der Seidlvilla auch ein Gebetsraum zur Verfügung gestellt. Wie groß der Andrang sein wird, vermag Margarete Spohn von der Stelle für interkulturelle Arbeit im Sozialreferat noch nicht zu beurteilen. Ihr liegen zwar bereits einige Anfragen vor, erste Anmeldungen werden aber erst bei der heutigen Auftaktveranstaltung entgegengenommen (und sind danach noch bis zum 28. November möglich).

In Berlin, wo das Projekt bereits vor zwei Wochen gestartet ist, meldeten sich gut zwei Dutzend Teilnehmer, darunter auch drei Frauen. Margarete Spohn sagte am Dienstag, sie hoffe auch für München auf eine ähnlich gute Resonanz. Es sei wichtig, dass sich möglichst viele Imame und muslimische Seelsorger und Seelsorgerinnen ein Bild von der Stadt und ihrem sozialen Netz machen und sich als kompetente Akteure im gesellschaftlichen Raum etablieren können.

Das Berliner und Münchner Modellprojekt wird vom Bundesamt für Migration und mit Geld aus dem Integrationsfonds der EU-Kommission finanziert. Wissenschaftlich begleitet wird es von einem Team der Freien Universität Berlin.

© SZ vom 05.11.2008/af - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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