Meine Münchnerin:Carry Brachvogel

Elisabeth Tworek, Leiterin des Literaturarchivs Monacensia: "Über München hat Carry Brachvogel gesagt: ,Mein Leben (. . .) hat sich ganz und gar in meiner Geburtsstadt München abgespielt, in dieser farbigen, von Kunst überfluteten Stadt, deren Humor voll Anmut ist und die es versteht, Gegensätze lächelnd zu versöhnen.' Brachvogel war fortschrittlich, lebensbejahend und emanzipiert - sie konnte hervorragend schreiben, und sie liebte ihre bayerische Heimat. Sie kam 1864 in München zur Welt und war eine wirkliche Kennerin Bayerns und seiner Bewohner. Insgesamt hat sie um die 40 Werke veröffentlicht. Gleichzeitig war sie eine bekannte Frauenrechtlerin. 1913 gründete sie den ersten Schriftstellerinnen-Verein Münchens, dem bedeutende Persönlichkeiten wie Ricarda Huch, Annette Kolb, Helene Böhlau und Isolde Kurz beigetreten sind. Am Beginn ihrer Karriere stand jedoch ein harter Schicksalsschlag: Ihr Ehemann Wolfgang Brachvogel ertrank 1892 im Tegernsee. Über Nacht stand sie als alleinerziehende Mutter da und musste für ihre beiden kleinen Kinder und sich alleine aufkommen. 1894 debütierte sie als Autorin und erlebte einen kometenhaften Aufstieg. Nach der Machtübernahme der Nazis 1933 erhielt die Jüdin Berufs- und Publikationsverbot. 1942 wurde sie mit ihrem Bruder ins Konzentrationslager Theresienstadt deportiert, wo beide wenige Monate später umkamen. Als Schriftstellerin zu Unrecht vergessen, wurde ihr Schicksal aus der kollektiven Erinnerung verdrängt - bis die Monacensia vor zwei Jahren ihre Aufsatzsammlung ,Im weiß-blauen Land' von 1923 neu auflegte."

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