Erste Entwürfe:So sollen Münchens Stadtteilmärkte aussehen

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Am Wiener Platz bangt Sabine Schropp um ihren Stand. (Foto: Robert Haas)

Wegen Brandschutz- und Hygienemängeln will das Kommunalreferat drei Stadtteilmärkte abreißen und moderner wieder aufbauen. Doch nicht alle Händler wollen sich darauf einlassen.

Von Günther Knoll

Marktleute sind nicht auf den Mund gefallen. Wenn Sabine Schropp, die an ihrem Stand auf dem Markt am Wiener Platz "Spezialitäten und Delikatessen" anbietet, erst einmal loswettert, dann dürften den Verantwortlichen die Ohren klingen. "Die dürfen das nicht abreißen, da stecken Existenzen drin", sagt sie, man werde sich das nicht so einfach gefallen lassen.

Die Stadt will oder besser: muss außer dem Viktualienmarkt auch ihre drei kleineren Märkte sanieren, weil diese den Vorschriften in Sachen Hygiene und Brandschutz nicht mehr genügen. Das hat ein TÜV-Gutachten bereits 2011 festgestellt. Dass bisher weiter verkauft werden darf, liege nur daran, dass die Gewerbeaufsicht "viele Augen zudrückt", wie Bernd Plank sagt. Noch zudrückt, präzisiert der Pressesprecher des für die Markthallen zuständigen Kommunalreferats, denn an der Sanierung komme man jetzt nicht mehr vorbei. Und dafür müssen die Stände Neubauten weichen - wie auch immer diese aussehen werden.

Während die Standbetreiber auf dem Elisabethmarkt in Schwabing und auf dem Pasinger Viktualienmarkt diesen Umstand akzeptieren, könnte er in Haidhausen mal wieder eine kleine Revolution auslösen. Dort will nämlich nicht nur Sabine Schropp, dass auf dem Wiener Platz alles so bleibt, wie es ist. Die Marktbetreiber haben dafür schon mehr als 5000 Unterschriften gesammelt und sich sogar der Unterstützung aus dem nahen Landtag versichert. Ein wenig erinnert die Anordnung der Stände dort an eine Wagenburg, und Geschäftsleute wie Kunden sind offenbar entschlossen, diese auch entsprechend zu verteidigen.

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(Foto: bogevischs buero)

Dies ist ein möglicher Entwurf für den Markt auf dem Elisabethplatz.

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(Foto: bogevischs buero)

Hier ein anderer Entwurf für den Schwabinger Markt.

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(Foto: bogevischs buero)

Auch der Wiener Platz wird umgestaltet. So könnte er aussehen.

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(Foto: bogevischs buero)

Ein zweiter Entwurf für den Wiener Platz.

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(Foto: bogevischs buero)

So könnte der Markt auf dem Pasinger Viktualienmarkt aussehen.

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(Foto: bogevischs buero)

Noch ein Entwurf für den Markt in Pasing.

Zwei ältere Frauen sind an diesem Sommernachmittag eigens hergekommen, weil sie in der Zeitung von den Abrissplänen gelesen hätten, sagen sie. Das dürfe man auf keinen Fall tun, sind sie sich einig, der Markt sei "ein Stück München, das muss man so lassen". Dass sie bereits für den Erhalt der "Standl" unterschrieben haben, Ehrensache.

Das sagen auch die jüngeren Mütter, die sich mit ihren Kinderwägen am Maibaum treffen. Der Platz habe etwas dorfähnliches und das mitten in der Großstadt, meinen die beiden älteren Frauen, er sei "unverwechselbar". "Ihren" Platz haben die Haidhauser schon einmal mit Erfolg verteidigt, als es um die Neugestaltung zur Verkehrsberuhigung ging.

Wie der Markt künftig aussehen könnte

Sabine Schropp geht es nicht nur um die Ästhetik. Bisher habe sich die Stadt nicht um den Zustand der ihr gehörenden Stände gekümmert, sagt sie, viele Standbetreiber hätten selbst erheblich investiert, von der Fußbodenheizung bis zur Kühlung. Behelfsbauten aus der Nachkriegszeit seien das, sagt Bernd Plank, und es sei einfach eine Frage von Aufwand und Nutzen, was damit geschehen soll. Für seinen Chef, den Kommunalreferenten Axel Markwardt, ist klar: An einem Abriss werde kein Weg vorbei führen. In Sachen Gestaltung aber sei man offen für die Diskussion mit Marktleuten und Kunden, verspricht er. Das Referat hat Raumkonzepte für die kleinen Märkte erarbeiten lassen und auch vorgestellt.

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Für den Wiener Platz werden da entweder größere rechteckige Bauten, in denen mehrere Stände untergebracht sind, vorgeschlagen oder aber ein Rundbau. Dieser habe "sehr viel Schönes", doch er sei ja wohl "praktisch gestorben", fasst Plank die ersten emotionalen Proteste zusammen. Es gehe um die Frage: "Wie kriegen wir alles unter?" Jeder Markt habe für die erforderliche Infrastruktur genügend Platz, nach der besten architektonischen Lösung werde man "in enger Absprache mit den Händlern" suchen.

Schropp hat von einer solchen Absprache noch nichts bemerkt, es sei auch immer nur von Sanierung die Rede gewesen, nie vom Abriss. "Die werden uns noch kennenlernen", sagt sie. Auch der Ensembleschutz stehe doch einem Abriss entgegen. Schützenswertes sei da nichts, meint dagegen Bernd Plank, die Stadt werde aber alles tun, um das Charakteristische der Märkte zu erhalten.

Händler hoffen auf Solidarität ihrer Stammkunden

Karl Huczala vertraut auf diese Zusage. Der Gemüse- und Obsthändler ist Marktsprecher am Elisabethplatz und sieht die Sache weniger aufgeregt als Schropp. Vielleicht liegt das an der Atmosphäre des Markts, der wirkt umgeben von Bäumen wie eine Oase mitten in der Großstadt. "Echt schön ist es hier", schwärmt ein älterer Mann, der mit Frau, Tochter und Enkeln München besucht. Sie haben Obst eingekauft und sitzen im Biergarten direkt am Markt neben einem Spielplatz. "Für alle ideal", meint der Besucher und rätselt, was denn der "Edelstoff" auf der Getränkekarte ist.

Die meisten Kunden kommen mit dem Rad, darunter erstaunlich viele Männer. Wenn die Stände weg müssten, sagt einer, dann sei das eben so. Hauptsache, es gehe schnell und danach könne er hier wieder einkaufen. Huczala gesteht, dass er beim ersten Konzept für den Elisabethmarkt an die Schrannenhalle haben denken müssen. Klar sei es der Wunsch der Händler gewesen, "dass alles so bleibt, wie es ist".

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(Foto: Catherina Hess)

Die Stadt muss, außer dem Viktualienmarkt auch drei kleinere Märkte sanieren, weil diese den Hygiene- und Brandschutzvorschriften nicht mehr genügen.

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(Foto: Robert Haas)

Karl Huczala vom Elisabeth Markt vertraut auf die Zusage, dass der Charme des Markts beim Bau nicht verloren geht.

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(Foto: Robert Haas)

"Die dürfen das nicht abreißen", sagt Sabine Schropp vom Wiener Platz.

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(Foto: Catherina Hess)

Die Standbetreiber auf dem Elisabethmarkt in Schwabing und auf dem Pasinger Viktualienmarkt akzeptieren die Renoviereung. Die Haidhausener sind dagegen.

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(Foto: Robert Haas)

Dass bisher weiter verkauft werden darf, liege nur daran, dass die Gewerbeaufsicht "viele Augen zudrückt", sagt die Stadt.

Doch die Vorschriften sprächen dagegen, also müsse man etwas ändern. Huczala hofft auf die Solidarität der Stammkundschaft, denn die Übergangszeit im Container werde sicher hart. Während Schropp solche Provisorien am Wiener Platz generell ablehnt, sagt Huczala, "mit dem Neubau müssen wir länger auskommen". Wichtig sei es, das eigene Flair zu erhalten.

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Dieses Besondere suchen auch die Kunden am Pasinger Viktualienmarkt, der unweit der riesigen Shopping-Arkaden wie ein Relikt wirkt. Seit 50 Jahren kaufe sie hier ein, sagt eine ältere Frau, "ich liebe diesen Markt". Hier könne sie Blumen, Obst und Gemüse von den Gärtnern der Umgebung bekommen, es sei ein bisschen "wie auf dem Land". Schade, wenn der Markt abgerissen werde.

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Andi Lill, Sprecher der Pasinger Marktleute, ist der gleichen Meinung. Aber auch er ist überzeugt: "Es muss etwas geschehen". Und er lobt die Stadt, diese plane "sehr marktorientiert". Lill wäre es am liebsten, er müsste "nur mit dem Finger schnippen" und ein neuer, genauso schöner Markt würde dastehen. Dann könnte er sofort Ja sagen.

Ganz so einfach wird es aber nicht gehen mit der Sanierung, die ja doch eine Neubaumaßnahme wird. Erst müsse der Stadtrat entscheiden, sagt Plank, dann aber solle alles sehr schnell über die Bühne gehen, damit die Händler wieder in ihre Stände zurück könnten. "Bei einer Bestandssanierung dauert das alles länger", gibt er zu bedenken. Schropp hält dagegen eine Sanierung in kleinen Schritten für ausreichend. "Wenn eine andere Stadt so etwas hätte, würde sie alles tun, um es zu erhalten", ist sie sich sicher.

© SZ vom 01.07.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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