Managerin wechselt von der Bahn zum Airport:Schlagfertig in der Männerriege

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Andrea Gebbeken tritt in die Geschäftsführung des Flughafens ein und muss sich dort vielfach beweisen

Von Marco Völklein

Irgendwann geht Flughafenchef Michael Kerkloh dann dazwischen. "Jetzt lassen Sie sie doch erst einmal anfangen", entgegnet er einem Frager, der unbedingt wissen will, was denn Andrea Gebbeken nun konkret Neues plant am Münchner Flughafen. "Jeder bekommt doch 100 Tage Einarbeitungszeit", schiebt der Airport-Chef noch nach. Und Andrea Gebbeken sagt mit leichter Zurückhaltung: "Vielen Dank, Herr Kerkloh." Am Tag ihrer Vorstellung jedenfalls gibt sich die neue, dritte Geschäftsführerin des Münchner Flughafens äußerst ruhig und bescheiden.

Bei ihrer Vorstellungsrunde im Aufsichtsrat des Betreibergesellschaft vor einiger Zeit muss sie sich dagegen etwas anders präsentiert haben. Darauf lässt zumindest das schließen, was Finanzminister Markus Söder (CSU), der auch dem Aufsichtsgremium vorsitzt, bei Gebbekens Vorstellung am Donnerstag im Finanzministerium am Odeonsplatz so erzählt. Die 49-Jährige habe auf die diversen Fragen der Aufsichtsräte "direkt und ehrlich" geantwortet. Das habe ihm gefallen. Schließlich gehörten die beiden anderen Geschäftsführer - neben dem 62-jährigen Kerkloh sitzt noch der 55-jährige Thomas Weyer im Führungsgremium -, schließlich gehörten diese beiden Herren "ja nun nicht zu den schüchternsten Gesellschaftspersönlichkeiten in der Region", sagt der Finanzminister. Deshalb sei es wichtig, dass sich die dritte im Bunde neben Kerkloh und Weyer zu behaupten vermag. Bei Gebbeken macht sich Söder da keine Sorgen.

Außerdem habe sie eine "reiche Erfahrung" in der Flughafenbranche und bringe aus ihrer aktuellen Tätigkeit bei der Deutschen Bahn (DB) genügend Ideen mit, um den Job gut ausfüllen zu können. Tatsächlich war die gebürtige Emsländerin lange Jahre für den Baukonzern Hochtief tätig und hat als alleinverantwortliche Geschäftsführerin von 2007 bis 2013 den Flughafen in der albanischen Hauptstadt Tirana geleitet. Im Mai 2014 wechselte sie dann zur DB nach Hamburg, von wo aus sie derzeit gut 560 Bahnhöfe in Norddeutschland managt, unter anderem auch die in Hamburg und Bremen sowie die in den Landeshauptstädten Hannover und Kiel. Zum 1. Oktober wechselt sie an die Isar.

Sie freue sich schon darauf, die bayerische Landeshauptstadt "als neuen Wohnort kennen zu lernen". Quasi schon von klein auf habe sie den Wunsch gehabt, "die Welt kennen zu lernen", erzählt sie am Donnerstag im Finanzministerium. Deshalb habe sich ein Einstieg in die Flughafenbranche nahezu angeboten. "Da konnte ich das Nützliche mit dem Angenehmen verbinden", sagt Gebbeken. "Vielschichtig, abwechslungsreich" sei die Tätigkeit an so einem Airport. "Ich mag Flughäfen", sagt sie. "Ich mag, wenn es brummt."

Wenn es nach Kerkloh geht, dann wird es im Erdinger Moos noch deutlich mehr brummen als jetzt bereits. 1,25 Milliarden Euro hat der Flughafen im vergangenen Jahr umgesetzt, unterm Strich fiel ein Gewinn von 135 Millionen Euro an. Etwa die Hälfte des Umsatzes erwirtschaftet der Airport mit dem Non-Aviation-Bereich, also quasi mit all dem, das nicht direkt mit der Fliegerei zu tun hat. Dabei handelt es sich vor allem um die vielen Einzelhandels- und Gastronomieflächen in den Terminals, die der Airport entweder an andere Unternehmen vermietet. Oder mit seinen Tochterfirmen Eurotrade (Handel) sowie Allresto (Gastronomie) selbst bespielt.

Für genau diesen Bereich wird Gebbeken von Oktober an zuständig sein, für 170 Shops und Serviceeinrichtungen sowie 50 Gastronomiebetriebe, außerdem für 36 000 Kfz-Stellplätze, verteilt auf 14 Parkhäuser und -flächen. Zudem will der Flughafen das in die Jahre gekommene Terminal 1 sowie den Zentralbereich umbauen, um auch dort mehr Platz zu schaffen für noch mehr Läden und Restaurants. Aber auch auf den bestehenden Flächen soll Gebbeken das Geschäft ankurbeln. "Der Flughafen wächst ständig", sagt Söder. "Und wenn man wächst, dann muss man sich verstärken für die Zukunft."

Sie ergänzt künftig die Chefetage am Airport: Andrea Gebbeken. (Foto: Stephan Rumpf)

Dass diese Verstärkung nun auch noch weiblich ist, gefällt nicht nur dem Finanzminister, sondern auch dem Münchner Bürgermeister Josef Schmid (CSU). Die Landeshauptstadt hält 23 Prozent an der Betreibergesellschaft des Flughafens, die Wahl Gebbekens zur dritten Geschäftsführerin sei "einstimmig gefallen", betont Söder. Und Schmid erklärt, der Stadtspitze sei es ein großes Anliegen, mehr Frauen auch in den Top-Positionen der städtischen Beteiligungsgesellschaften zu haben. Auch er lobt Gebbeken als "durchsetzungsstark" und "fachlich versiert".

Außerdem nutzt er die Gelegenheit, um zu betonen, dass "der Flughafen auch für uns als Stadt eine wichtige Infrastruktureinrichtung ist". Das werde beim Dauerstreit um die geplante dritte Start- und Landebahn gerne mal übersehen. Tatsächlich blockiert der Minderheitseigner in der Gesellschafterversammlung mit seinem Veto, das aus dem ablehnenden Bürgerentscheid von 2012 resultiert, aktuell den Bau des 1,6-Milliarden-Euro-Projekts. Und wie es aussieht, wird dies auch weiterhin wohl so sein. Obwohl sich Söder und Schmid betont einträchtig nebeneinander präsentierten, eine Lösung für den Startbahn-Konflikt konnten sie auch am Donnerstag nicht aufzeigen. Das Ganze sei "eine knifflige Frage", sagt Söder dann noch.

© SZ vom 03.06.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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