Macher der Nacht:Vom Putzer zum Pächter

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Andreas Till vom Pacific Times ging den Tellerwäscher-Weg, und zwar rasant. Mittlerweile betreibt der Barkeeper drei Lokale in München

Von Philipp Crone, München

"Irgendwann verletzt sich einer oder wird krank, dann kommt meine Chance." Der Satz von Andreas Till klingt eher, als ob er Nachwuchsstürmer in einem Fußballverein gewesen wäre, im Jahr 1992, und auf die Möglichkeit wartete, um mal bei einem Spiel so richtig aufzufallen. Aber er war Putzer, nicht Ausputzer, sondern Putzer in der Bar Joe Peñas, 21 Jahre alt damals und träumte schon seit Jahren davon, in der Gastronomie zu arbeiten. "Ich habe meinen Eltern schon mit 14 Drinks gemixt, aber selbst nichts getrunken."

Als er dann eingewechselt wurde, ging es schnell. Ein Jahr später war Till, heute 43, Geschäftsführer, "diese Tellerwäscher-Nummer ist gerade im Nachtleben ziemlich häufig". Denn es sei eben so: Wer wisse, welcher Aufwand es sei, den Laden zu putzen, abzuspülen oder nächtelang Gläser einzusammeln, der arbeite anders. "Heute gibt es allerdings schon einige junge Leute, die lieber gleich mit der smoking gun anfangen wollen." Also im gehobenen Cocktail-Bausatz-Geschäft. Smoking gun nennt man eine Rauchpistole, die noch ein wenig aromatisierten Dampf auf die Oberfläche des Drinks bläst, ehe er dem Kunden kredenzt wird.

Andreas Till war bis 1997 Geschäftsführer im Joe Peñas, eröffnete dann das Pacific Times, in der Buttermelcherstraße genau gegenüber. 1999 kam das Café Barista dazu, einer der ersten Läden direkt an der Fußgängerzone, "bis dahin ein No-Go". Man ging Ende der Neunzigerjahre nur in Schwabing und Haidhausen weg. 2005 folgte die Baricentro am Sebastiansplatz. Till gilt als einer der besten Barkeeper der Stadt.

"Vor 15 Jahren ging man ins Roma, Roxy oder Roses", sagt er, "auf jedem Tisch im Nachtcafé standen die Champagnerkühler. Da ging man eben an wenige Orte, aber dort ging es zur Sache. Damals war der Barkeeper auch noch unumstritten. Wenn der sagte: In den Whisky Sour gehört Tequila, dann war das so." Heute hingegen seien die Wissensstandards ganz andere, "da stelle ich jemandem einen neuen Gin auf den Tresen, und sofort wird gegoogelt und gecheckt, die Leute haben ja mittlerweile auch daheim oft große Spirituosensammlungen." Und die Sorten wechseln hin und wieder ihre Beliebtheit. Derzeit noch der Gin, demnächst wieder Wodka, zwischendrin Whisky. So läuft das seit Jahrzehnten.

Entwicklungen gebe es einige, sagt Till. "Die Clubs werden kleiner, nur das P1, das Pacha und die 089-Bar sind noch relativ groß." Das merke man auch an den Flyer-Aktionen, die kaum noch stattfinden. "Man braucht eben keine 3000 Leute mehr, für die man dann 10 000 Flyer druckt." Es reichen 150 Gäste.

Auf etwa 80 000 schätzt Till die Zahl der Münchner, die das Nachtleben regelmäßig besuchen, da ist durchaus noch Platz für weitere Kleinkonzepte.

© SZ vom 22.09.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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