Macher der Nacht:Vom Punker bis Banker

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Die Paradiso Tanzbar ist ein Ort, den Jürgen Mair selbst gut findet - und in der Musik gespielt wird, die auch ihm gefällt. (Foto: Stephan Rumpf)

Jürgen Mair lockt eine bunte Szene in die "Paradiso Tanzbar"

Von Philipp Crone, München

Jürgen Mair hat einen klassischen Nachtleben-Lebenslauf: Eigentlich was anderes vorgehabt, was anderes gelernt, reingerutscht, selbst Ideen umgesetzt - und jetzt eine Marke in München. Der 44-Jährige führt seit sieben Jahren die "Paradiso Tanzbar" in der Rumfordstraße, einer von nur ganz wenigen Orten für Gäste, die älter als 30 sind. Ein Ort eben, den Mair selbst gut findet, wo Musik gespielt wird, die ihm selbst gefällt. So wie der typische Nachtleben-Werdegang ist auch das eine Erkenntnis der Münchner Nacht: Meist laufen die Konzepte am besten, bei denen die Macher das umsetzen, was ihnen gefällt. Kein House, kein Electro, sondern wilde, überraschende Tanzmischungen, mit Michael Jackson, A-ha und auch mal einem längeren Gitarrensolo.

Mair ist gelernter Lüftungsbauer, aber als er mit 17 Stammgast im Roxy auf der Leopoldstraße war, wurde er vom Geschäftsführer gefragt, ob er nicht den Job des Türstehers übernehmen will. Er nahm das Angebot an. Später auch im Americanos, im Skyline, parallel dazu modelte er, zwölf Jahre lang, und begann, eigene Veranstaltungen zu organisieren, die "Living Room"-Partys, donnerstags im Masters Home, sonntags im Parkcafé. "In der Zeit gab es nicht so ein großes Angebot wie heute", sagt Mair. "Die großen Namen waren das P1 natürlich, das Parkcafé und später am Abend das Nachtcafé und weiter zum Weintrödler." Aber schon damals war München nicht die Stadt "mit der besten Mischung". Die Mischung der Gäste. Wohl in keinem anderen Lokal als im Paradiso ist die Mischung heute so groß wie im Paradiso. "Punker bis Banker", sagt Mair, "das ist immer mein Ziel gewesen." Es komme doch immer auch auf die Eyecatcher an, auf Leute, "die einem im Gedächtnis bleiben", sagt er: "Die wenigen, die wir haben in München, verteilen sich jetzt noch mehr." Verrückte, Kreative, oft können sie sich die Stadt nicht leisten. "Wenn heute jemand Taxi fährt und ein paar Drinks nimmt, dann kostet ihn das schnell bis zu 150 Euro am Abend."

Der Trend gehe derzeit zu den kleinen Läden. In München haben viele in den vergangenen Jahren aufgemacht. "Heute bekommst du einen großen Laden mit 1000 Gästen einfach nicht mehr voll", sagt Mair. Eines merke man auch deutlich, dass die Leute sich das Geld mehr einteilen. "Früher war ein Feiertag unter der Woche wie ein zweiter Wochenende-Umsatztag, heute verteilt sich das dann, da gibt niemand mehr aus."

Mair hat im vergangenen Jahr das Chi Chi eröffnet, direkt neben seinem Club, "das sehe ich schon in der Zukunft, dass alles an einem Ort ist, essen, trinken, tanzen." Wie es einige Kollegen ebenfalls umsetzen. Die Kollegen. Mair ist ein Freund deutlicher Worte. "So ein gutes Miteinander? Also ich finde, das könnte noch besser sein, davon könnte die Stadt noch viel mehr profitieren."

© SZ vom 08.10.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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