Macher der Nacht:Tzatziki, Tanz und Tradition

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Florian und Jakob Faltenbacher führen seit fast 20 Jahren die Milchbar, dazu auch einige griechische Lokale - und sie haben ein Münchner Gastro-Ritual etabliert

Von Philipp Crone, München

Jedes Jahr zur gleichen Zeit ist Florian Faltenbacher einmal so richtig nervös. Anfang Januar laden die Betreiber der Milchbar, das sind Florian Faltenbacher, 45, und sein Bruder Jakob, 42, die Gastro-Szene der Stadt zur brancheneigenen Silvesterfeier. Das hat Tradition. Denn Barleute, Kellner und Köche sind am 31. Dezember alle im Einsatz in ihren Lokalen. Also wird eine Woche später gefeiert, und auch nicht um Mitternacht, sondern um ein Uhr, damit alle, die um 12 Schluss haben, noch kommen können. Die Milchbar-Macher stehen dann um kurz vor eins auf der Theke, eine Zwölfliterflasche Champagner im Anschlag, während die Gäste runterzählen, bis Florian den riesigen Korken aus der Flasche wuchten muss - vor den Augen sämtlicher Flaschenöffner-Experten der Stadt. Das macht eben nervös. Tradition ist es deshalb auch, dass das Öffnen nie reibungslos gelingt. Was aber niemanden stört, denn man muss sagen: die Faltenbachers sind in der Szene sehr geachtet und respektiert, nicht nur, weil sie zum Gastrosilvester einladen, seit bald 20 Jahren.

Die Münchner Milchbar. (Foto: Clubstars)

Florian Faltenbacher gehört zu den Sprechern der Szene, ist Mitglied im Verband der Münchner Kulturveranstalter, und wenn es mal wieder generell gegen die Branche geht, mit Diskriminierungs- oder Lärmbelästigungsvorwürfen zum Beispiel, meldet er sich zu Wort. Man vertraut ihm, was auch daran liegt, dass viele die Faltenbacher-Brüder schon lange kennen.

Die erste Veranstaltung organisierten Jakob und Florian 1991, und sie waren gleichzeitig als Plakatierer unterwegs. So lernten sie Scheffel kennen, der zusammen mit Wolfgang Nöth das ehemalige Pfanni-Gelände ein paar Jahre später in das verwandelte, was zu "Europas größte Feiermeile" avancieren sollte, dem Kunstpark Ost. 1997 eröffneten sie die Milchbar und waren schon damals Gastgeber für die Gastronomen. "Wir kannten viele vom Plakatieren und so kamen die oft nach ihrer Arbeit noch in der Milchbar vorbei." Damals gab es laut Faltenbacher im Vergleich zu heute viel weniger Nachtleben. "Das Nachtwerk, das Liberty, das Sugar-Shack und den Pulverturm. Aber dafür wurden viel mehr Privat-Partys veranstaltet in Freizeit- und Jugendheimen."

Florian (links) und Jakob Faltenbacher beim Ausschenken zum Gastrosilvester. (Foto: Robert Haas)

Als die Sperrstunde fiel, zogen "die gleichen Leute, die vorher außerhalb Clubs betrieben haben, in die Innenstadt". Man kannte sich, man verstand sich zudem auch schon. "Im Kunstpark gab es so viele verschiedene Betreiber, und bei Nöth gab es alle zwei Wochen eine Betreiberversammlung. Da haben wir das Miteinander gelernt. Und erkannt, dass es für alle von Vorteil ist, je mehr gute Läden es gibt."

2007 zog die Milchbar in die Sonnenstraße, und die Brüder hatten begonnen, für die fernere Zukunft zu planen. Die Zeit, in der man die Nächte gerne und oft im eigenen Club verbringt, ist irgendwann vorbei. Die Faltenbachers eröffneten Restaurants. Und weil sie als Kinder fünf Jahre in Griechenland gelebt haben, entschieden sie sich für die griechische Küche. Deshalb gibt es das Molos zum Beispiel, oder das Kalypso in Schwabing. "Beim Kalypso haben wir Erstaunliches erlebt. Da war es nämlich überhaupt nicht so, dass die Anwohner gesagt haben: ,Oje, ein Nachtladen. Wir wollen keinen Lärm.' Im Gegenteil. Immer wieder meinten die Leute: Endlich ist hier auch mal wieder was los im Viertel, und ich muss nicht ins Auto steigen, um woanders hinzufahren.

Und das in Schwabing!" Das Nachtleben in der Stadt, für Faltenbacher ist das auch eine politische Frage. "Es ist eben eine Entscheidung im Rathaus, ob man Nachtleben in der Stadt will. Und die Stadt hat sich dafür entschieden. Ich weiß selbst aber auch ganz genau, was das für Anwohner bedeutet. Ich lebe über einem meiner Lokale und kenne die Momente sehr gut, wenn sich nachts um eins die Junggesellenrunden zuprosten." Aber das sei doch ein positiver Lärm. "Das ist doch etwas Schönes, man hört, wie lebendig die Stadt ist."

© SZ vom 29.09.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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