Macher der Nacht:Nächtliche Beobachtungen

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David Süß gehört mit dem "Harry Klein" zu den prägenden Figuren im Münchner Club-Leben

Von Philipp Crone, München

"Die Leute nehmen sich die Stadt", sagt David Süß. Der Betreiber des Techno-Clubs Harry Klein an der Sonnenstraße, der neben dem Berghain in Berlin zu den wenigen international bekannten Clubs dieser Musikrichtung gehört, beobachtet die Stadt seit vielen Jahren. Auch ein Betreiber eines gut gehenden Clubs an der sogenannten Feierbanane muss darauf achten, wie sich die Stadt verändert. Als vor Jahren die Tendenz dahin ging, wieder vermehrt Lokale in der Innenstadt zu öffnen, zog Süß mit dem Harry Klein vom Kunstpark Ost bald ins Zentrum.

Die Leute nehmen sich die Stadt, das sehe man zum Beispiel am Gärtnerplatz. "Früher war da kaum jemand, jetzt ist der Platz im Sommer voll, das ist eine Atmosphäre wie in Rom." Süß beobachtet. Und reagiert. Er ist dabei, wenn es um gemeinsame Aktionen der Betreiber geht, etwa bei den veränderten Gema-Gebühren, oder die Diskussion zuletzt, wie man die gestiegene Zahl an Nachtbesuchern auf der Sonnenstraße so kontrollieren kann, dass nichts passiert. Also tauscht man sich über geschultes Personal aus mit den Brüdern Faltenbacher von der Milchbar oder Mathias Scheffel (Jack Rabbit, Filmcasino).

Das ist das eine, die Prävention und das Zusammenarbeiten mit der Stadt, der Polizei. Das andere ist die Beobachtung der Nacht, um das Richtige anzubieten. "Derzeit "sind noch mehr Glücksritter unterwegs als früher", sagt Süß. Noch mehr Idealisten, die als Quereinsteiger in die Branche kommen und es mit einem Café oder einem Lokal versuchen. Und die Nachfrage ist da. Geraldine Knudson, Tourismuschefin der Stadt, habe ihm berichtet, dass von den zwölf Millionen Touristen, die München pro Jahr besuchen, ein Drittel angeben würden, dass sie im Nachtleben der Stadt unterwegs waren und das ein Grund für sie ist, wiederzukommen. Das sind vier Millionen. Und was machen die eineinhalb Millionen Münchner?

Die haben eine immer noch weiter wachsende Auswahl. "Das Niveau des Angebots ist einer Großstadt und Studentenstadt angemessen, hier ist ja auch ein gewisses Maß an Kaufkraft da." Nur die Nachfrage nach Subkultur, die auch zweifellos da sei, könne bei den Mietpreisen nicht befriedigt werden. "Deshalb ist es so wichtig, dass die Stadt auch bei der Stadtplanung den Bedarf und den Wunsch nach weltstädtischem Nachtleben berücksichtigt, mit Konzepten, die verhindern, dass Anwohner von Lärm und Rauch genervt sind." Wie am Gärtnerplatz, wo dank der von der Stadt beauftragten "Silencer" das Problem zumindest erkannt ist und angegangen wird.

Süß hat mit dem Ultraschall angefangen, er gehört zu den prägenden Figuren der Clubszene in den vergangenen 30 Jahren, nun ist er 49. Zeit für etwas anderes als seinen "Familienbetrieb" Harry Klein? "Da sind wir auf einem guten Weg, im Oktober könnte es soweit sein." Dann eröffnet er eine bayerische Wirtshausbar, wahrscheinlich ohne Techno.

© SZ vom 18.08.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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