Ludwigsvorstadt:Ambulanz findet Zuflucht im Kloster

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Die Psychiatrie leidet an ihrem Stammsitz unter großem Platzmangel: Ein ehemaliges Kloster wird schon seit einiger Zeit zur Betreuung suchtkranker Menschen genutzt .

Sabrina Ebitsch

Zumindest Geist und Seele stehen in beiden Fällen im Mittelpunkt: Die Ambulanz der Psychiatrie zieht voraussichtlich in ein ehemaliges Kloster um. Der Weg ist kurz, das Mutterhaus der Barmherzigen Schwestern steht auf dem Gelände der Innenstadtkliniken in der Nußbaumstraße 5, die psychiatrische Klinik auf dem Nachbargrundstück direkt daneben.

Das Kloster mit den Ordensschwestern, die früher in den Kliniken rundherum arbeiteten, sei "die Herzkammer des Klinikums", sagt Michael Riedel, der Leitende Oberarzt der Psychiatrie. Das Kloster mit Kapelle, Mutterhaus, Kreuzgang und Wirtschaftsgebäuden ist von 1835 bis 1839 vermutlich von Friedrich von Gärtner erbaut worden.

Die Schwestern sind vor ein paar Jahren ausgezogen, im November des vorigen Jahres wurde das Gebäude, das dem Freistaat gehört, dem Klinikum der Ludwig-Maximilians-Universität übergeben. Aller Voraussicht nach werden im Mutterhaus nach umfassenden Umbau- und Renovierungsmaßnahmen in den oberen zwei Stockwerken die Klinikverwaltung, im ersten das Technikreferat und im Erdgeschoss auf rund 700 Quadratmetern die psychiatrische Ambulanz untergebracht werden.

Die Psychiatrie in ihrem mehr als hundert Jahre alten Stammsitz an der Nußbaumstraße, wo schon Ernst Toller und Liesl Karlstadt behandelt wurden, leidet unter großem Platzmangel, seit vor gut einem Jahr ihr Ostflügel abgerissen wurde, um dort einen Neubau für die Kinder- und Jugendpsychiatrie zu errichten. Nun soll zumindest die Ambulanz der Klinik übersiedeln, auch wenn Michael Riedel gerne noch mehr Räume für eine psychiatrische Nutzung gewonnen hätte. "Wir haben einen erheblichen Raumbedarf", sagt Riedel.

Als er die Psychiatrie vor fünf Jahren übernommen habe, habe es in der Ambulanz pro Jahr rund 6000 Patientenkontakte gegeben - mittlerweile seien es rund 30000. Das Gleiche gelte für die stationäre Versorgung. "Der Bedarf an psychiatrischen Betten ist enorm in München", so Riedel. Sowohl in der Nußbaumstraße als auch im Bezirkskrankenhaus Haar oder im Klinikum rechts der Isar sei die Psychiatrie überbelegt.

Die Planungen sind nun aber ins Stocken geraten, da die Kosten für Umbau und Sanierung - mindestens fünf Millionen Euro - entgegen ersten Schätzungen höher ausfallen, weswegen das Projekt nun möglicherweise als Großbaumaßnahme eingestuft werden muss, die deutlich mehr Zeit in Anspruch nehmen dürfte. Überdies muss sie vom Wissenschaftsministerium genehmigt werden, während die Uni sonst in Eigenregie hätte tätig werden können. Die endgültige Entscheidung darüber steht noch aus.

Bereits umgezogen ist die Substitutionsambulanz, die bisher aus Platzmangel ausgelagert und in der Pestalozzistraße untergebracht war. Im vergangenen halben Jahr wurden die ehemaligen Wirtschaftsgebäude im Kreuzgang des Klosters, wo früher der Hausmeister wohnte, saniert. Seit einiger Zeit werden dort suchtkranke Menschen betreut. Im Bezirksausschuss, der das Bauvorhaben als Investition in den Klinikstandort Innenstadt begrüßte, wurden allerdings bereits Sorgen laut, als das Thema zur Sprache kam.

Bürger fürchteten Probleme, wenn dort eine Anlaufstelle für Süchtige entstünde, insbesondere vor dem Hintergrund, dass das Sendlinger Tor vor einem halben Jahr als neuer Treffpunkt für die Drogenszene in die Schlagzeilen geraten war. Im Bürgergremium teilte man diese Sorgen nicht, zumal die Methadonambulanz lediglich von einem ebenfalls unweit des Sendlinger Tors gelegenen Standort umzieht.

Auch der leitende Oberarzt Michael Riedel vermag besorgte Bürger zu beruhigen. Man habe immer das Schreckensbild des Junkies vom Bahnhof im Kopf. Statistiken der letzten Jahre hätten jedoch gezeigt, dass es keinen einzigen Fall von Beschaffungskriminalität unter seinen Patienten gegeben habe. Ebenso wenig sei es bisher in der Pestalozzistraße zu Zwischenfällen gekommen. Die meisten gingen einer geregelten Arbeit nach, man würde sie in der Fußgängerzone nicht einmal als drogensüchtig erkennen. "Die halten sich nicht lange dort auf. Sie nehmen das Methadon unter medizinischer Supervision und dann gehen sie wieder."

© SZ vom 15.01.2009 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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