Luca Toni vor Gericht:"Ich wollte einfach nur Fußballspielen"

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"Wenn jemand an Gott glauben will, muss er nicht die Kirche dafür bezahlen": Luca Toni mit Anwalt Berthold Gaede und Dolmetscherin. (Foto: Robert Haas)

1,5 Millionen Euro Kirchensteuer muss Luca Toni nachzahlen. Der Fußballspieler verklagte deswegen seine Steuerberater, sie wurden verurteilt, legten aber Berufung ein. Nun verhandeln sie erneut vor Gericht

Von Ekkehard Müller-Jentsch

Ich habe jeden Tag etwas unterschrieben, das ich gar nicht angeguckt habe, weil ich doch kein Deutsch verstehe." So schilderte der frühere FC-Bayern-Spieler Luca Toni seine erste Zeit beim Münchner Fußballverein. "Ich wollte einfach nur Fußballspielen." Auf diese Weise war dem Italiener entgangen, dass in Deutschland Kirchensteuer gezahlt werden muss. Heute verlangt der Fiskus deswegen 1,5 Millionen Euro an Nachzahlungen von ihm - dazu kommen mittlerweile 200 000 Euro Säumniszuschläge. Dieses Geld will Luca Toni nun von seinen damaligen Münchner Steuerberatern erhalten, die er deswegen verklagt hat. Am Mittwoch wurde wieder vor dem Oberlandesgericht München verhandelt.

In der Zeit zwischen Juni 2007 und Ende 2010, in der Toni in 60 Ligaspielen 38 Tore für den FC Bayern erzielte, hatte er neben sieben Millionen Euro Handgeld monatlich 500 000 Euro netto bekommen. Den FC Bayern dürfte der Spieler ohne Prämien also um die 43,5 Millionen Euro an Gehaltszahlungen gekostet haben. Da Toni mit dem Verein aber eine Nettolohn-Vereinbarung hatte, wären eigentlich die Bayern auch neben allen anderen Steuern und Sozialabgaben für die Abführung der Kirchensteuer zuständig gewesen.

Der damalige Vorsitzende des 15. OLG-Zivilsenats hatte deshalb am ersten Verhandlungstag im März das Lohnbüro des Clubs im Mittelpunkt des Streits gesehen. Denn eine Sekretärin soll Luca Toni im Sommer 2007 gefragt haben, ob er demnächst heiraten wolle. Als der "Nein" sagte, soll sie erklärt haben: "Dann ist das mit der Religion auch egal." Dazu machte sie in der Spalte mit der Frage nach einer Religionszugehörigkeit des Formblatts einen Strich. "Auf diese Weise habe sich der FC Bayern die 1,5 Millionen Euro gespart", sagte damals der Gerichtsvorsitzende. "Der Club war der Nutznießer."

Da Luca Toni bei seinem Wechsel nach Rom einen Aufhebungsvertrag unterzeichnet hatte, in dem er den Verein von allen Forderungen freistellt, bleibt die nachträglich erhobene Kirchensteuerforderung nun aber an dem Fußballer hängen. Der wirft daraufhin seinen damaligen Steuerberatern vor, ihn nicht über die deutsche Kirchensteuer aufgeklärt zu haben.

In erster Instanz waren die Steuerberater tatsächlich überwiegend zum Schadensersatz verurteilt worden. Dagegen hatte sie Berufung eingelegt. Bevor das Oberlandesgericht im Frühjahr in die komplizierte Prüfung einsteigen wollte, wer wann welche Pflichten gegenüber Luca Toni gehabt habe und ob den womöglich ein Mitverschulden treffe, schlug der Senat einen Kompromiss vor: Die beklagten Steuerberater und der FC Bayern sollen je 500 000 Euro bezahlen, den Rest müsse der Spieler tragen. Als dieser Vergleich nicht zustande kam, beschloss der Senat - mittlerweile unter einem neuen Vorsitzenden, da der bisherige in Pension gegangen ist - die Verhandlung mit der Anhörung von Luca Toni und Zeugen fortzusetzen.

"Ich bezahle Experten, die sich um diese Dinge kümmern", sagte Toni in der Verhandlung am Mittwoch, "ich kümmere mich ums Fußballspielen".

Eine Zeugin sagte dagegen, dass bei einem Termin in der Credit-Suisse-Bank Luca Toni die deutsche Steuersystematik erklärt worden sei. Besonders könne sie sich an den Teil mit der Kirchensteuer erinnern. Denn sie habe in der Bunten oder der Gala gelesen, dass der Fußballer heiraten wolle. In seinem Dorf, in dem er Vorbild sei, müsse das kirchlich geschehen, habe Toni erklärt und sich sehr über die Kirchensteuer gewundert - daraufhin habe sie den Witz gemacht, dass der Papst doch ein Deutscher sei. Auf Fragen des Gerichts zu diesem "Steuerseminar", wie es der Vorsitzende nannte, konnte sich die Zeugin an weitere Details, etwa zur Einkommenssteuer, aber keineswegs so konkret erinnern.

Luca Toni hat dagegen bestritten mit ihm fremden Personen über sein Privatleben gesprochen zu haben - schon gar nicht über das Heiraten. Schließlich sei er bis heute ledig. Mit einem raschen Urteil ist nicht zu rechnen.

© SZ vom 16.07.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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