Löwenfans:Irritierende Stille

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Beim TSV 1860 haben sich "Giasinga Buam" und "Cosa Nostra" aufgelöst.

Von Markus Schäflein, München

Bei den Heimspielen des TSV 1860 ist die Arena in Fröttmaning - anders als beim FC Bayern - meist nur zu einem Viertel gefüllt. Die vielen grauen Sitzschalen störten aber in den vergangenen Jahren nicht, weil sich die Löwen damit rühmen konnten, dass die Stimmung bei ihnen auch mit rund 20 000 Zuschauern besser war als bei den meisten Heimauftritten des Lokalrivalen. Das ist in dieser Spielzeit vorbei, in vielen Phasen der Heimspiele herrscht irritierende Stille: Die beiden größten Ultragruppierungen, die Cosa Nostra und die Giasinga Buam, haben sich aufgelöst, und Nachfolger sind bislang noch nicht auszumachen. "Das ist eine sehr traurige und sehr ungute Situation", sagt Lothar Langer, der beim Fanprojekt München für die Löwen zuständig ist.

Die Arena selbst ist ein Grund für den Rückzug. Lange forderten die Ultras den Auszug aus der überdimensionierten Immobilie, die dem verhassten FC Bayern gehört - ohne Erfolg. Dazu kam, dass den Giasinga Buam von Ultras des FCB eine Zaunfahne geklaut wurde. "Das ist ein Zwang in der Szene seit 20, 30 Jahren, ein selbstverständlicher Usus", erklärt Langer: "Wenn die Fahne abhandenkommt, ist die Fangruppe entehrt, das ist die größte Schmach. Wie bei den Pfadfindern, wenn der Wimpel weg ist."

Der dritte und entscheidende Grund für den Rückzug der Ultras ist allerdings das Wirken von Investor Hasan Ismaik, der mittlerweile das Geschehen im Profifußball komplett in der Hand hat. "Man hört immer nur: Sechzig ist scheiße und der Investor ist sowieso scheiße", berichtet Langer, "dabei erwartet man sich eigentlich eine Trotzreaktion." Ismaiks Einstieg habe "für eine große innere Zerrissenheit gesorgt", meint Langer. "Die Leute, die zu Recht auf die kritischen Punkte hinweisen, können den Investoreneinstieg nicht mit ihrem Verständnis vereinbaren, wie sie Fußball kennengelernt haben. Da kommt es darauf an, wie informiert eine Fanszene allgemein ist. Und der Wille, sich damit auseinanderzusetzen, ist bei Sechzig insgesamt - abgesehen von manchen Ultras - sehr gering."

Seit 25 Jahren ist die Fanszene des TSV 1860 München gespalten, die große Fanklub-Organisation Arge stützt im Gegensatz zu den Ultras meist die Führung. Dies war schon unter Präsident Karl-Heinz Wildmoser so, und es gilt nun auch unter Ismaik. Die Giasinga Buam schrieben auf ihrer Homepage: "Dem Engagement Hasan Ismaiks stehen wir kritisch und ablehnend gegenüber, da wir Investoreneinstiege jedweder Art als verderblich und gefährlich für den Volkssport Fußball ansehen." Auch bei der Cosa Nostra soll eine zunehmende Genervtheit darüber geherrscht haben, dass sich der Verein verkauft hat und immer weniger selbst bestimmt. "Die Cosa Nostra hat sich wegen Ismaik aus der Kurve zurückgezogen", sagte unlängst der langjährige Verwaltungsrat Christian Waggershauser anlässlich seines Rücktritts. "Ich hätte auch gerne wieder eine starke Kurve, die lautstark die Mannschaft anfeuert", erklärte er zum Abschied. "Bei den Giasinga Buam gibt es sehr kluge und fähige Leute, die wirklich was drauf haben. Meine Hoffnung ist, dass die gesamte Kurve jetzt sagt: Wir müssen zusammenstehen."

© SZ vom 19.12.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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