Little Dragon im Backstage:Wie eine Fee die Münchner verzauberte

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Elektronische Beats und Percussion: Die schwedische Elektro-Pop-Band Little Dragon kam mit einem feenhaften Geschöpf nach München. Und das hatte nicht nur die Band, sondern auch das Publikum schnell unter Kontrolle.

Daniel Wüllner

Vier schwedische Männer betreten die Bühne, nehmen im Halbkreis an ihren Instrumenten Platz und warten. Sie warten darauf, dass das Publikum seine Unterhaltungen einstellt und ihnen ungeteilt Aufmerksamkeit schenkt. Erst dann bauen sie mit dumpfem Bass und bizarren Synthesizer-Sounds langsam Stimmung auf. Aus dem Halbdunkel tritt ein graziles Feenwesen auf die Scheinwerferlichtung. Mit weißem Hemd, Neonleggins und silbernen Ballerinas.

Yukimi Nagano beeindruckt nicht nur mit ihrem feenhaften Outfit, sondern vor allem mit ihrer Stimme: Little Dragon im Backstage (Foto: Daniel Wüllner)

Beeindruckender als ihr Outfit ist die Stimme der Halb-Japanerin, Halb-Schwedin Yukimi Nagano. Ihre zerbrechliche Mädchenstimme kann zuweilen zu einem voluminösen Organ anschwellen. Eben dieses Spektrum verzauberte bereits Damon Albarn und David Andrew Sitek. Nach mehreren Auftritten als Vorband der Gorillaz und TV on the Radio ist die Band aus Göteborg nun alleine auf "Ritual Union"-Tour. Das Publikum, das beim abgesagten Konzert ins 59:1 gepasst hätte, füllt nun das mehr als doppelt so große Backstage Werk.

Hier beginnt die Frontfrau von Little Dragon eine Art Zeremonie. Vorsichtig tänzelt sie zunächst über die Bühne, während sich ihre Stimme in die Songs hineinfindet. Spätestens nach dem Titeltrack Ritual Union hat Nagano aber nicht nur ihre Band, sondern auch das Münchener Publikum unter Kontrolle und kann sich voll und ganz hingeben. Ihr Tänzeln wird zu einer ausgelassenen Tanzorgie.

Von nun an dirigiert Nagano mit Tamburin und Drumstick das Tempo. Sie beschleunigt den Beat bei Songs wie Brush the Heat und drosselt das Tempo dann wieder mit After the Rain vom eher ruhigeren Debütalbum Little Dragon. Bald tanzt das Publikum ausgelassen. Nagano fragt trotzdem, ob noch jemand Lust zum Tanzen hat, obwohl ihr Bewegungsdrang längst alle angesteckt hat.

Während andere Bands Percussion zum schmückenden Beiwerk degradiert haben, spielen die Effektinstrumente bei Little Dragon eine zentrale Rolle. Alle Bandmitglieder machen dem Schlagzeuger Erik Bodin trommelnd Konkurrenz. Schließlich tauscht Bassisten Fredrik Källgren Wallin seinen Bass gegen Soundmachine. Passagen aus eingängigen Studiotracks dehnt er bis zur Unkenntlichkeit, loopt sie und steuert sie mittels verzerrter Akustik wieder zu ihren Ausgangsformen zurück - und das Konzert wird zur Club-Nacht.

So weit hat sich Little Dragon selbst und das Publikum in Trance gespielt, dass die Fangemeinde sie nicht wieder gehen lassen wollen. Drei zusätzliche Songs spielen die Schweden. Endgültig verabschiedet sich die Band dann mit der Single Twice, die durch die Fernsehserie Grey's Anantomy berühmt wurde. Ein letztes Mal rauscht dieses vertraute Brummen durch den Saal, dann verlassen die Künstler - genauso wie sie gekommen sind - die Bühne.

Als Letzter winkt der rotbärtige Keyboarder Håkan Wirenstrand noch einmal schüchtern und irgendwo hinter seinem Bart gibt sein Lächeln zu verstehen, dass dieses schwedische Elektro-Pop-Märchen nun wirklich vorbei ist.

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