Nervige Geräusche:Tschilp, dingdong, ratterratter, quietsch

Auch ganz alltägliche Geräusche können schrecklich nerven - vor allem wenn sie regelmäßig wiederkehren.

Von SZ-Autoren

Vogelgezwitscher 50 dB (A)

1 / 5
(Foto: Florian Peljak)

Der Frühling weckt in manchen Menschen allerlei Gefühle, andere überfällt in dieser Jahreszeit eine große Müdigkeit. Und das ist kein Zufall, denn wenn es wärmer wird, werden die Vögel aktiv, und zwar zu einer durchaus unchristlichen Zeit. Von wegen ruhiges Landleben - wer dieser Tage bei offenem Fenster schläft und nur einen Baum in der Nähe hat, hört sie schon um drei Uhr um die Wette zwitschern, als gäbe es keinen Morgen. Dass sie manchmal verstummen, macht es nur schlimmer, denn immer, wenn man sich Hoffnungen macht, dass endlich Ruhe ist, geht es wieder los: Tschilp, tschilp, tschilp! An Schlaf ist dann nicht mehr zu denken. Und alles nur, weil der heilige Franz von Assisi einst die Vögeln ermahnt hat, dass sie ihren Schöpfer loben sollen.

Rasenmäher 70 dB (A)

2 / 5
(Foto: Arno Burgi/dpa)

Das frische Grün des Rasens schmeichelt den Augen. Die ersten Gänseblümchen tänzeln im warmen Wind. Ruhe, herrliche Ruhe erfüllt dich, deine Seele horcht dem Frühlingsblues. Dann macht es auf der anderen Seite des Gartenzaunes "tschog-tschog-tschog-ratter-ratter-MÄÄÄÄHH", und du weißt, der Nachbar und sein stinkender, lärmender Rasenmäher haben den Winter gut überstanden. Jetzt schiebt er seine unselige Benzinschleuder am Zaun entlang, selig lächelnd wie eine Mutter, die ihr Baby im Kinderwagen vor sich herschiebt. Man würde ihm gerne Verwünschungen über den Zaun zurufen, aber er könnte sie gar nicht hören angesichts der Lautstärke seines Rasenmähers. Außerdem trägt er selbst Ohrenschützer. Und während er die Gänseblümchen hinrichtet und die ersten Schneckenhäuser zermalmt, zwingt einen der Lärm, den Pfad der inneren Ruhe zu verlassen und Hass in sein Herzen dringen zu lassen. Ungeschickt wäre es freilich, einen Streit vom Zaun zu brechen. Der Nachbar ist gut bewaffnet, in seinem Gartenhäuschen stehen noch Laubsauger, Rasenkantentrimmer und Heckenschneider.

Geige 80 dB (A)

3 / 5
(Foto: Catherina Hess)

Bei 90 Dezibel ist die Verständigung auch mit Rufen schwierig, bei 100 nur mit größtem Stimmaufwand möglich. Saxofone, Trompeten und Trommeln sind etwa so laut. Aber die sind für lärmempfindliche Menschen trotzdem nichts gegen Vorschulkinder, deren Eltern die etwas leisere Violine als ideales Instrument für den Nachwuchs ausgesucht haben. Kleine Mädchen in netten Kleidchen, schön frisiert und wirklich putzig. Solange sie nicht versuchen, Geige zu spielen. Denn sie tun das nicht im schalldichten Keller, sondern auf der Bühne der Musikschule. Zum Zuhören verpflichtete Geschwister halten sich wohl wissend schon die Ohren zu, wenn eine Fünfjährige mit ihrem Streichinstrument zum Aufritt tippelt. Schon wird der Geige der erste Ton abgetrotzt: quietschend-kreischend. Endlos lang. Gemessen zwar nicht lauter als Straßenlärm, dafür aber umso durchdringender. Er windet sich durch die Gehörgänge wie Schmirgelpapier und verursacht im Körper einen Mix aus Frösteln und Schockstarre. Und man wünscht sich nur, die Kleine möge nicht noch ein zweites Stück vortragen.

Kirchenglocken 85 dB (A)

4 / 5
(Foto: Johannes Simon)

Am siebten Tage sollst du ruhen. So steht es schon im Alten Testament. Aber was interessiert's die Kirche? Nichts! Jeden Tag dieses Glockengeläut. Was nervt, ist nicht dieses leise Ding zur viertel oder halben Stunde und auch nicht das Dong zur vollen. Auch nicht das Bim für ein Uhr, das Bimbam für zwei Uhr und nicht einmal das Bimbambimbambimbambimbambimbambimbam für zwölf Uhr. Daran könnte man sich noch gewöhnen. Nein. Es ist dieses Angelusläuten dreimal am Tag, morgens, mittags und abends, vor dem man nur zwischen Gründonnerstag und Ostersonntag seine Ruhe hat. Vor allem dieses am Morgen. Und das jeden Tag. Also nicht nur Montag, Dienstag, Mittwoch, Donnerstag und Freitag. Sondern auch Samstag und erst Recht Sonntag. Wenn man endlich ausschlafen möchte. Doch auch da schlagen die Glocken, und zwar nicht nur ein einfaches Ding oder Dong, sondern minutenlang in einer Art und Weise, als würde der Glöckner auf dem Turm vor einer Feuersbrunst warnen. Und das in aller Herrgottsfrüh, um sechs, sieben oder acht. Auch wenn die Messe erst sehr viel später, zu einer christlichen Zeit beginnt.

Kreissäge 100 dB (A)

5 / 5
(Foto: picture-alliance/ obs)

Es kreischt und heult und zischt. Wie ein hysterischer Schrei aus der Unterwelt. Er ist aber irdischen Ursprungs. Es kommt aus dem Sägewerk: Das Teufelszeug nennt sich Kreissäge. Es fühlt sich nicht nur so an, als ob das Trommelfell gleich platzt - auf die Dauer kann die Kreissäge tatsächlich zu einem Hörschaden führen. Es ist ähnlich laut wie auf einem Rockkonzert, nur dass man dem Gesang der Säge meist nicht freiwillig lauscht. Das Geräusch bei dem ein Baum zu Latten, Brettern und Balken wird, ist reinste Folter für die Nachbarschaft. Es klingt nach abgetrennten Fingern und Händen. Es klingt nach Helden, die gerade von ihrem Gegenspieler gefesselt wurden und sich nun davor fürchten müssen, von einer Kreissägein in zwei Hälften geteilt zu werden. Ob er wohl gerettet wird? Egal ob Sägewerk, Schreinerei oder jemand, der für den Eigenbedarf das Holz mit dieser heulenden Maschine teilt - das Geräusch erschreckt jeden. Aber das Ergebnis ist immerhin sehenswert: Betten und Regale vom Schreiner sind halt doch individueller als Möbel vom Großhändler.

© sz.de/wkr, mm, hilb, lb, elga - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: