SPD und CSU:Duell der Gegensätzlichen

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Bei der Bundestagswahl 2017 werden sie voraussichtlich gegeneinander antreten: Bela Bach und Florian Hahn. Die Sozialdemokratin und der CSU-Abgeordnete führen seit einem Jahr ihre Parteien im Landkreis und könnten kaum unterschiedlicher sein

Von Stefan Galler und Martin Mühlfenzl

Von einem Kampf der Generationen zu sprechen, wäre wohl übertrieben. Bela Bach ist zwar erst 25 Jahre alt, Florian Hahn mit 42 aber auch noch ein junger und jugendlicher Typ. Dennoch könnten beide nicht unterschiedlicher sein: Auf der einen Seite der konservative Sicherheitspolitiker mit guten Kontakten zu den Rüstungsfirmen im Raum München, auf der anderen Seite die linke Streiterin für eine Legalisierung von Cannabis.

Aber es gibt auch etwas, was die Sozialdemokratin und den Christsozialen vereint: Beide führen die Kreisverbände ihrer Parteien seit ziemlich genau einem Jahr. Bach wurde im April 2015 Nachfolgerin von Generalsekretärin Natascha Kohnen an der Spitze des SPD-Unterbezirks München-Land, Hahn folgte im Mai auf den Landtagsabgeordneten Ernst Weidenbusch als Vorsitzender des CSU-Kreisverbands. Und beide wollen bei der Bundestagswahl 2017 gewählt werden - Hahn wieder, Bach erstmals. Höchste Zeit also für eine Begegnung und dafür, bei einem gemeinsamen Interview eine erste Bilanz zu ziehen, über politische und persönliche Ziele zu sprechen und die Positionen und Aussichten der beiden Volksparteien. Wenngleich der Bundestagsabgeordnete Hahn beim ersten direkten Duell mit Bela Bach in der Redaktion der Süddeutschen Zeitung frotzelt: "Ist die SPD überhaupt noch eine Volkspartei?" Der Konter bleibt nicht aus: "Natürlich, aber eine, die wieder mehr Unterstützung im linken Lager braucht", entgegnet Bach.

Die Fronten sind also klar.

Die Ausgangslage und die Chancen weniger: Während dem aus Putzbrunn stammenden Hahn als amtierendem Abgeordneten und Kreisvorsitzenden die neuerliche Nominierung seiner Partei quasi zufällt und auch das Direktmandat im Wahlkreis kaum zu nehmen sein dürfte, steht die SPD-Kreisvorsitzende aus Planegg noch am Anfang eines langen Weges hin zu ihrer zweiten Bundestagskandidatur. Und bei dieser ist sie vom Wohlwollen ihrer Landespartei abhängig, die über die Vergabe der aussichtsreichen Listenplätze entscheidet. Da können prominente Fürsprecher nur helfen. Und was diese betrifft, weiß Bach zwei auf ihrer Seite: den SPD-Veteran und Landtagsabgeordneten Peter Paul Gantzer aus Haar als einen ihrer wichtigsten Förderer sowie ihre Vorgängerin im Kreisvorsitz: die bayerische SPD-Generalsekretärin aus Neubiberg.

Florian Hahn, 42, sitzt seit 2009 im Bundestag (Foto: Claus Schunk)

"Natascha Kohnen hat ja jetzt eine ganz tragende Rolle mit ihrem Youtube- und Facebook-Clip gegen die CSU", sagt Bach im SZ-Interview über ihre Parteifreundin und deren viel geklickte Rede im Landtag. "Tragende Rolle mit einem Youtube-Clip?", fragt da Florian Hahn ungläubig. "Na ja, es hat zumindest viel bewirkt. Und im 21. Jahrhundert ist das nicht gerade gering zu bewerten", ergänzt Bach. "In der Umfrage hat das gar nichts bewirkt", hält Hahn dagegen - und will seine Wahlkampfmethoden erklären. Doch da fällt ihm Bela Bach grinsend ins Wort: "Infostand?" Natürlich auch, sagt Hahn - dieses Mittel dürfe auch nicht ins Lächerliche gezogen werden: "Und die CSU ist ja auch deswegen die modernste Partei, weil wir Dinge, die sich bewähren, auch behalten und neue Einflüsse aufnehmen."

Vor ihrem Treffen im SZ-Hochhaus beschränkten sich die Berührungspunkte der beiden Politiker auf die gemeinsame Teilnahme an Sitzungen des Kreistags, dem beide angehören. Das war es dann aber auch. Und da beide dort nicht eben zu den auffälligeren Protagonisten oder gar Wortführern ihrer Parteien zählen, drängt sich die Frage auf, inwieweit sie die Kreispolitik als notwendiges Übel ansehen. Oder ob sie viel weit reichendere Pläne verfolgen. Hahn etwa hat in der aktuellen Legislaturperiode des Bundestags die große Bühne geentert, agierte als Mitglied des Verteidigungsausschusses oftmals nicht nur im Schatten von Ministerin Ursula von der Leyen (CDU), sondern trat auch selbst nach vorne. Und er gilt als einer der Kandidaten für den 2017 vakant werdenden Posten des CSU-Landesgruppenchefs in Berlin, wenn sich Gerda Hasselfeldt zurückzieht. "Die Landesgruppe zu führen, ist sicherlich eine der spannendsten Aufgaben, die es bei der CSU gibt", sagt Hahn, darauf angesprochen. "Da müsste man lügen, wenn man sagen würde, dass einen das nicht interessiert." Um dann doch gleich wieder in Deckung zu gehen: "Ich glaube aber, dass es für diese Position viele gibt, die mehr Erfahrung haben als ich und sicherlich auch sehr geeignet sind."

Bela Bach kann sich Hoffnungen machen, über die Landesliste in den Bundestag einzuziehen (Foto: Claus Schunk)

Doch bevor es um derlei hohe Ziele gehen kann, muss die Basis gelegt werden - und das ist der neuerliche Einzug ins Parlament. "Vermutlich noch vor der Sommerpause" werde die Aufstellungsversammlung des CSU-Kreisverbandes stattfinden, verrät Hahn. "Wenn Sie mich fragen, ob ich wieder zur Verfügung stehe, dann würde ich das zum aktuellen Zeitpunkt bejahen." Bei der SPD lässt man sich etwas mehr Zeit: "Im Sommer werden wir uns im Unterbezirk noch verstärkt mit dem Thema Flüchtlinge befassen, im Oktober wird die Aufstellungskonferenz für den Bundestag stattfinden", sagt Bela Bach, die ihren Hut ebenfalls in den Ring werfen will: "Für die Kandidatur werde ich mich auch bewerben." Allerdings schließt sie nicht aus, dass es, wie schon bei ihrer Wahl zur Kreisvorsitzenden, zu einer Kampfabstimmung kommen könnte. "Es wird sehr offen ablaufen. Ich schreibe einen Brief an alle Ortsvereine und werde darum bitten, Kandidaten zu melden. Jedem steht es frei, sich zu bewerben, und das ist mir auch wichtig."

Anderthalb Stunden dauert das Gespräch der beiden Politiker in den SZ-Redaktionsräumen. Es geht um so unterschiedliche Themen wie die Freigabe von Cannabis und die deutschen Rüstungsexporte, um den Stellenwert der Politik im Leben der beiden und - natürlich - um die Flüchtlingspolitik. Und dann ist da noch die Frage, was der jeweils andere nach der Wahl 2017 macht. "Bela Bach wird dann im Bundestag eine Kollegin sein, wenn es ihr gelingt, in der SPD einen vernünftigen Listenplatz zu bekommen. Den wünsche ich ihr schon aus Landkreispatriotismus", sagt Hahn. Bach entgegnet, Hahn werde "in den Bundestag einziehen und danach versuchen, mehr Posten zu bekommen. Und ich glaube, er würde gerne Landesgruppenchef werden". Ein freundlicher Ausklang eines engagierten Schlagabtausches.

© SZ vom 23.04.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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