Podiumsdiskussion:Abstimmung per Handy

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Bei ihrem ersten Aufeinandertreffen im Wahlkampf stellen sich die Bundestagskandidaten des Wahlkreises den Fragen Jugendlicher

Von Christina Jackson, Unterschleißheim

Wer eine klassische Podiumsdiskussion mit den Direktkandidaten im Landkreis zur Bundestagswahl erwartet hatte, wurde in Unterschleißheim enttäuscht. Der Kreisjugendring hatte zu seiner Vollversammlung im Jugendtreff Gleis 1 eingeladen und dabei gezeigt, wie eine Gesprächsrunde unter Einbeziehung der jungen Wähler aussehen kann. Während die Kandidaten sprachen, hatte das Publikum die Möglichkeit, per Handy Kommentare abzugeben, die prompt auf einer Leinwand zu lesen waren. Die Redezeit für ihre Schlussplädoyers mussten sich die Politiker mit der besten Antwort auf Schätzfragen erkämpfen. Dafür gab es bis rund fünf Minuten für eine abschließende Bilanz. Wer sich bei den Plädoyers in Floskeln oder Allgemeinplätzen verlor, erntete dafür sogleich das Daumen-nach-unten-Symbol, das in den sozialen Netzwerken omnipräsent ist.

Mit einem Hockeyschläger unter dem Arm betrat SPD-Kandidatin Bela Bach die Bühne im Gleis 1. Das Accessoire war weniger ein Mitbringsel der Jungpolitikerin als der Aufforderung der Veranstalter geschuldet, aus dem Fundus des Jugendklubs einen Gegenstand auszuwählen, der die Ambitionen der Politiker symbolisiert. Bachs Erklärung dazu: "Ich habe den Hockeyschläger gewählt, weil die Politik in Berlin erstarrt ist und mehr Bewegung braucht." Bach tritt zum zweiten Mal als Direktkandidatin an. Vor vier Jahren war die heute 26-Jährige auf 20,3 Prozent gekommen.

Schlagkräftig will auch Florian Hahn (CSU), der seit 2009 den Wahlkreis im Bundestag vertritt, in die Wahl gehen, der sich ebenfalls für den Hockeyschläger entschied und sich als "Gschaftlhuber" bezeichnete, der sich für Bildung und Forschung engagiert. Bildung gehörte denn auch zu den Themen, die die jungen Besucher besonders interessierten. Per Handy-Abstimmung entschieden sie, darüber zuerst zu diskutieren. Hahn sprach sich für die Beibehaltung des Föderalismus in Bildungsangelegenheiten aus und wies darauf hin, dass Schüler global wettbewerbsfähig sein müssten. Dies werde in Bayern mit einem hohen Standard an den Schulen gewährleistet. Bela Bach unterstrich dagegen, dass der Bildungsweg in Deutschland maßgeblich von den familiären Voraussetzungen abhänge. Je mehr finanzielle Ressourcen ein Haushalt habe, desto besser seien die Einstiegsbedingungen der Kinder in den Beruf. "Das ist in keinem anderen europäischen Land so ungerecht." Sie gab auch zu bedenken, wie abhängig die Ausstattung der Schulen von den Finanzen der Kommunen sei.

Ein gleichwertiges bundesweites Abitur forderte ÖDP-Kandidatin Katharina Graunke. "Schüler, die von einem Bundesland in ein anderes umziehen, haben mitunter enorme Schwierigkeiten." FDP-Kandidat Jimmy Schulz machte sich dafür stark, die technische Ausstattung in Bildungseinrichtungen intensiver zu fördern, während Anna Schmidhuber, die Grünen-Fraktionschef Anton Hofreiter vertrat, für ein "längeres gemeinsames Lernen" eintrat. "Wir sollten die Kinder nicht nach der vierten Klasse über eine Wahl für eine Schulform nachdenken lassen, sondern nach der sechsten." Ilse Ertl von den Freien Wählern sprach sich für die Angleichung der Abschlüsse bundesweit aus. "Der Staat muss dafür eintreten, dass alle Absolventen das gleiche Niveau erreichen."

Ein weiteres Thema, das den Jugendlichen wichtig ist: der Nahverkehr. Während Bach und Schmidhuber sich für einen kostenlosen öffentlichen Nahverkehr aussprachen, bezweifelten Hahn und Schulz die Finanzierbarkeit und nannten bestehende Vergünstigen wie etwa das Semesterticket. ÖDP-Kandidatin Graunke machte sich für den Ausbau von Tangentialverbindung im Großraum stark. "Das ist fast noch wichtiger als der Bau der zweiten Stammstrecke."

© SZ vom 26.06.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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