Pfarrgemeinderatswahlen:Kirche von unten

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In den katholischen Gemeinden kommt den Laien-Gremien immer mehr Bedeutung zu. Dennoch tun sich viele Pfarreien schwer, genügend Freiwillige für das Ehrenamt zu gewinnen. Am Sonntag wird gewählt

Von Irmengard Gnau

Engagement ist gefragt: Im Landkreis sind 118 488 Katholiken aufgerufen, die Mitglieder ihres Pfarrgemeinderats zu bestimmen. (Foto: Karl-Josef Hildenbrand/dpa)

Das Jahr 2018 ist eine Art Superwahljahr in Bayern: Bevor im Herbst die Bürger einen neuen Landtag bestimmen, wählen die Katholiken ihre neuen Vertreter. An diesem Sonntag, 25. Februar, sind die katholischen Christen auch in den 47 Pfarreien im Landkreis München aufgefordert, die Mitglieder der Pfarrgemeinderäte für die kommenden vier Jahre zu bestimmen; im November steht dann noch der Kirchenvorstand zur Wahl. In den katholischen Gemeinden kommt den Laien-Gremien heute immer mehr Einfluss zu; trotzdem tun sich viele Pfarreien schwer, genügend Freiwillige für das Ehrenamt zu gewinnen.

Das lässt sich auch an der Zahl der Sitze in den Pfarrgemeinderäten ablesen, die sich in vielen Gemeinden verringert hat. Der Diözesanrat hat in seiner Neufassung der Wahlordnung die Zahl der direkt zu wählenden Mitglieder verringert. Künftig gelten nur noch zwei Untergrenzen, die sich an der Zahl der Gläubigen in einer Gemeinde orientieren. Außerdem sei es schwierig gewesen, Kandidaten zu finden, sagt etwa die amtierende Vorsitzende des Pfarrgemeinderats St. Peter und Paul in Aschheim, Martina Dettweiler. Elf Freiwillige kommen dort auf acht Plätze; 2014 waren es noch zehn. Wie andere Vereine und Organisationen spürten eben auch die Pfarrgemeinden, dass die Bereitschaft, ein Ehrenamt zu übernehmen, nachlasse, sagt Dettweiler. Und viele Menschen würden sich zwar einbringen, aber wollten sich nicht längerfristig verpflichten.

Das gilt auch und gerade für junge Leute. Zwar sind bei den Pfarrgemeinderatswahlen anders als bei politischen Gremien schon Jugendliche wahlberechtigt: Alle Pfarreimitglieder, die am 25. Februar das 14. Lebensjahr vollendet haben, dürfen mit abstimmen, wer 16 Jahre alt ist, kann bereits selbst kandidieren. Doch unter den Kandidaten im Landkreis finden sich nur wenige jugendliche Gesichter. Das ist in St. Otto in Ottobrunn nicht anders. Viele ehemals engagierte Junge seien inzwischen weggezogen oder fänden durch Studium oder andere Interessen keine Zeit, bedauert Thomas Diessel, der dem Pfarrgemeinderat seit acht Jahren angehört und wieder kandidiert. Dettweiler freut sich deshalb umso mehr, dass sich in Aschheim die aktuelle Oberministrantin hat aufstellen lassen, um ein Sprachrohr der Jugend zu sein.

Martina Dettweiler, bis vor kurzem Vorsitzende des Pfarrgemeinderats St. Peter und Paul in Aschheim (Foto: privat)

Falls bestimmte wichtige Gemeindegruppen nach der Wahl gar nicht im Gremium vertreten sind, besteht für die neuen Pfarrgemeinderäte die Möglichkeit, nachträglich noch Vertreter hinzu zu berufen. Dass sich der Rat aus Mitgliedern zusammensetzt, die aus ganz verschiedenen Berufen und Lebensaltern kommen, ist nach Dettweilers Erfahrung eine große Bereicherung: "Jeder kann sich und seine Fähigkeiten einbringen", in der Arbeit in verschiedenen Sachausschüssen, bei der Organisation von Festen, im gesellschaftlichen und sozialen Bereich oder bei der liturgischen Gestaltung der Gottesdienste. Das Leben in der Gemeinde mitgestalten zu können, motiviere sie, sagt Dettweiler.

Peter Benthues sitzt seit vielen Jahren für die CSU im Gemeinderat von Oberschleißheim. (Foto: Florian Peljak)

Für Peter Benthues kommt noch ein weiterer Aspekt zum Tragen. Der 80-Jährige gehört dem Pfarrgemeinderat von St. Wilhelm in Oberschleißheim seit 1982 an, 30 Jahre lang war er dessen Vorsitzender. Er sieht Christen auch in der Verantwortung, für ihren Glauben einzustehen und diesen lebendig zu machen. "Wir können das nicht nur den Pfarrern und Priestern überlassen." Dem Bild des 2. Vatikanischen Konzils folgend, wird die Gemeinde von allen ihren Mitgliedern getragen.

Diese verantwortungsbewusste Rolle wird umso wichtiger in Zeiten sinkender Pfarrerzahlen und der Zusammenlegung von Pfarreien zu immer größeren Seelsorgeeinheiten. Vielerorts sind es die Pfarrgemeinderäte und andere engagierte Laien, die das Gemeindeleben am Laufen halten, wenn sich die Struktur oder das Leitungspersonal ändert, die einen Anker bilden. Die katholischen Christen in Ottobrunn haben diese Wechsel in den vergangenen Jahren häufig erleben müssen. Gerade hat Pfarrer Markus Moderegger den Pfarrverband verlassen nach nur zweieinhalbjähriger Amtszeit, seit Februar hat mit Stefan Scheifele ein neuer Geistlicher übernommen, der nun die beiden Pfarrverbände Ottobrunn und Vier Brunnen gemeinsam verwalten soll. Gerade in einer solchen Lage, die für viele Gemeindemitglieder schwierig ist, sei der Pfarrgemeinderat auch wichtig, um die Interessen der Gläubigen durchzusetzen, findet Diessel. "Es stellt sich die Frage, wie man künftig mit dem Priestermangel umgeht", sagt er. "Das sehe ich auch als Chance, zu gestalten." Das unterstreicht auch Benthues. "Wir müssen eine Vision für die Zukunft haben", fordert er von sich und seinen Mitgläubigen. Das umfasst für ihn auch, sich mit zentralen gesellschaftlichen Fragen zu beschäftigen und dazu Stellung zu beziehen.

Thomas Diessel, seit 2000 Mitglied im Pfarrgemeinderat der Pfarrei St. Otto Ottobrunn (Foto: privat)

"Ob Integration oder Ehe für alle - die Herausforderungen unserer Zeit sind nicht nur Herausforderungen für einen Kardinal Marx, sondern für uns alle", sagt Benthues. "Und wir dürfen das nicht nur bereden, sondern wir müssen auch handeln." Möglichst im guten Dialog mit ihren jeweiligen Pfarrern und den hauptamtlichen Seelsorgern wollen die ehrenamtlichen Kandidaten das Leben in ihren Pfarrgemeinden auch in Zukunft mitgestalten. Für Sonntag hoffen sie auf eine rege Teilnahme. "Eine hohe Beteiligung wäre auf jeden Fall wichtig", sagt Diessel, "auch um dem Pfarrgemeinderat den Rücken zu stärken gegenüber dem Priester und dem Ordinariat."

© SZ vom 24.02.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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