Olympia in München: Willy Bogner zieht sich zurück:Ein Unternehmer, kein Überzeuger

Lesezeit: 3 min

Willy Bogner geht, die Probleme bleiben: Mit seiner Marke stand der Unternehmer stets auf der Sonnenseite. Doch für einen erfolgreichen Organisator der Münchner Olympiabewerbung fehlten ihm entscheidende Eigenschaften.

Christian Mayer

Es hätte alles gut werden können. Der frühere Skirennfahrer Willy Bogner genießt in der Wintersportszene weltweit Sympathien, als erfolgreicher Modeunternehmer und Filmemacher hat er Führungskraft bewiesen, vor allem aber Gespür für Marketing und Trends. Bogner ist ein Profi, er hat in vielen wichtigen Skigebieten der Welt gedreht und kennt viele nationale Entscheidungsträger - und auch manche Würdenträger beim allmächtigen IOC. Dies alles sprach für den Ein-Euro-Mann, der nun aus gesundheitlichen Gründen sein Amt aufgibt, das ihm in den vergangenen Monaten sichtlich zur Last gefallen ist.

Willy Bogner hat ein Gespür für Marketing und Trends, kennt in der Sportszene viele Entscheidungsträger. Doch ein Mann für die große Bühne ist er nicht. (Foto: dpa)

Die Entscheidung, den gebürtigen Münchner zum Kopf der Olympia-Bewerbung zu machen, war zwar zunächst einleuchtend, aber die Risiken lagen ebenfalls auf der Hand. Bogner ist eher ein Mann der Hintergrundgespräche und Firmenverhandlungen - ein idealer Repräsentant für die große Bühne ist er nicht. Ein anderer erfolgreicher Münchner Sportler fällt einem in diesem Zusammenhang sofort ein: Die Art und Weise, wie Franz Beckenbauer mit persönlichem Charme, aber auch unendlich viel Fleiß die deutsche Bewerbung für die Fußball-WM 2006 vorangetrieben hat, wirkt noch immer stilprägend.

Beckenbauer jedoch kann auch in schwierigen Situationen Menschen mit seiner Schlagfertigkeit, manchmal auch mit seinem Schalk überzeugen - Bogner wirkt eher schüchtern, manchmal verschlossen. Es gehört aber nicht nur rhetorisches Geschick und Glaubwürdigkeit zum Job eines Bewerbungschefs. Gerade bei den heiklen Grundstücksfragen in Garmisch wäre eine Persönlichkeit mit Integrationskraft und Charisma gefragt gewesen. Eine Persönlichkeit, die inhaltlich überzeugt, nicht nur auf der Showbühne - insofern wirkt es zwar sympathisch, aber auch etwas hilflos, wenn nun die zweifache Eislauf-Olympiasiegerin Katarina Witt der Bewerbung im Ausland ein Gesicht verleihen soll.

Bogner wird froh sein, dass ihm die Ärzte nun dazu geraten haben, als Vorsitzender der Geschäftsführung zurückzutreten. Wie tief verletzt der 68-Jährige sein muss, konnte man bei der Lektüre seines letzten Interviews in der Bild-Zeitung lesen. Den Vorwurf, er habe die Dinge treiben lassen und nichts gegen das drohende Debakel unternommen, versuchte er unter Verweis auf seinen Terminkalender zu widerlegen. Von 144 Arbeitstagen im ersten Halbjahr 2010 habe er 140 Tage nur für die Bewerbung genutzt, 133 Interviews und 27 Pressekonferenzen gegeben.

Diese Bilanz spricht für ihn: 17 Reisen, 176.000 zurückgelegte Kilometer, all das für einen Euro Honorar. Bogners ausgedehnter PR-Feldzug erinnert an den omnipräsenten Franz Beckenbauer in der WM-Bewerbungsphase, mit einem entscheidenden Unterschied: Beckenbauer war mit seinen Erfolgsmeldungen in den Medien fast täglich präsent, während Bogner sich schwer tat, positive Nachrichten, etwa die Rekrutierung neuer Sponsoren oder Bewerbungspartner, prominent zu platzieren.

Hiobsbotschaften und Durchhalteparolen

Nun sind Winterspiele nicht mit Sommerspielen oder gar einer Fußball-WM vergleichbar, aber etwas mehr Enthusiasmus, mehr Stimmung bei der oberbayerischen Bevölkerung wären nötig gewesen, um vielleicht auch einen Stimmungsumschwung in Garmisch zu erreichen. Bogners Ansicht in diesem Punkt war klar: Die Marktgemeinde müsse sich selber um die nötigen Grundstücke kümmern, die Bewerbungsgesellschaft könne nur Schützenhilfe leisten. Eine Fehlentscheidung, denn aus Garmisch, wo Bürgermeister Thomas Schmid immer mehr zur Reizfigur wurde, kam eine Hiobsbotschaft nach der anderen.

Vergangene Woche gab sich Bogner in Bild nur noch vordergründig überzeugt von seiner Mission. "Ans Hinschmeißen denke ich nicht", sagte er. Bogner sprach dann ganz offen über seine Erkrankung, eine Dickdarm-Ausstülpung, die ihn daran hindere, weite Reisen anzutreten. Er machte klar, dass die ewige Nörgelei an seinen Kräften zehre. Die Wucht der Kritik hat ihn erschüttert, sie hat ihn verletzlich gemacht. Bogner hat wohl gespürt, dass es zuletzt auch in der Bewerbungsgesellschaft starken Gegenwind gab.

Mit seiner Rolle ist er nie ganz zurechtgekommen. Ein Politiker, ein Sportfunktionär, ein Spitzensportler muss mit öffentlicher Kritik umgehen, das gehört zum Berufsprofil. Ein Familienunternehmer, der keiner Aktionärsversammlung Rechenschaft schuldig ist, muss das nicht, er muss sich auch nicht ständig mit allen möglichen Leuten absprechen.

Von familiären Schicksalsschlägen abgesehen: Als Unternehmer stand er meist auf der Sonnenseite, neben seiner Frau, der Modedesignerin Sonia Bogner, glänzte er bei Messen, Filmpremieren und Firmenpräsentationen. Die große Kampagne für 2018, das war doch etwas zu viel. Allerdings war manche Kritik an seiner Person überzogen; schließlich ist er nicht allein für den Zustand der Bewerbung verantwortlich. Die Entscheidung Bogners, dessen Erkrankung wohl doch ernster ist als bisher angenommen, verdient Respekt. Der Unternehmer hat für seine ehrenamtliche Tätigkeit auch Anerkennung verdient - das ist jetzt die übereinstimmende Reaktion aus Politik und Sport.

Um die Bewerbung zu retten, hilft nun nur noch ein kleines Wunder. Es braucht eine Person mit diplomatischen Fähigkeiten, bester Vernetzung in die undurchsichtigen Gremien des IOC und Verständnis für die Psychologie der Garmischer Grundstücksbesitzer.

© SZ vom 07.09.2010 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: