Mobilität:Fahrdienste sollen sich keine Konkurrenz machen

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Landkreis stellt Aufbau eines eigenen Angebots für stark in der Bewegung eingeschränkte Personen zurück

Von Stefan Galler, Landkreis

Vorerst wird es keinen landkreisweiten Fahrdienst für stark mobilitätseingeschränkte Personen geben. Der Sozialausschuss des Landkreises stellte einen entsprechenden Antrag der Grünen vorerst zurück. Einige Ausschussmitglieder äußerten Zweifel daran, ob ein solcher Service für außergewöhnlich gehbehinderte, blinde und hilflose Menschen tatsächlich dem Bedarf gerecht werden könnte und gleichzeitig wirtschaftlich darstellbar wäre. Auch das Argument, dass einzelne Gemeinden bereits einen solchen Fahrdienst unterhielten, führte dazu, dass Landrat Christoph Göbel (CSU) trotz eines ursprünglich positiv formulierten Beschlussvorschlags der Verwaltung letztlich seine Meinung änderte.

Mit einem solchen Mobilitätsservice sollte auch jenen Menschen, die ohne fremde Hilfe keine Chance dazu hätten, die Möglichkeit gegeben werden, am öffentlichen Leben teilzunehmen. "Es geht hier nur um Freizeitfahrten, nicht etwa um den Transport zur Schule oder zum Arzt", erläuterte die CSU-Kreisrätin Ilse Weiß. Landrat Göbel unterstrich, dass man diesen Dienst "nicht zwangsweise kostenlos" anbieten werde. "Zumindest von denen, die es sich leisten können, würden wir einen Fahrpreis erheben."

Das unterstrich auch der Behindertenbeauftragte des Landkreises, Aleksandar Dordevic: "Die Nutzer sollen für den Service bezahlen müssen, aber entscheidend muss sein, dass er nicht einkommens- und vermögensabhängig sein darf." Jeder müsse den Dienst nutzen können, dementsprechend sei eine Förderung unbedingt notwendig. Und diese könne richtig teuer werden, wie Dordevic weiter ausführte: "Der Bezirk Oberbayern sieht für solche Dienste einen Sockelbetrag von 88 Euro im Monat vor. Aber dieser Betrag wäre schon beispielsweise bei einer Fahrt von Taufkirchen zum Mariahilfplatz in einem Spezialfahrzeug aufgebraucht."

Und dann traten die Skeptiker auf den Plan, zunächst die Taufkirchner SPD-Kreisrätin Rosi Weber, die aus ihrer Gemeinde berichtete, dass dort bereits ein solcher Dienst für diesen Zweck unterwegs und praktisch ständig ausgebucht sei. Die Landkreisverwaltung hatte in ihrem Vorschlag die Anschaffung von zwei rollstuhlgerechten Fahrzeugen vorgeschlagen. "Das wäre nur ein Tropfen auf dem heißen Stein", sagte Weber. Man müsste mit enormem zeitlichen Vorlauf buchen, um hier zum gewünschten Termin einen Transport zu bekommen. Auch Ottobrunns Bürgermeister Thomas Loderer (CSU) äußerte sich skeptisch zu den Plänen, obwohl er das Vorhaben an sich "ausdrücklich" unterstütze, wie er betonte: "Aber ich bin für eine regionale Lösung in den jeweiligen Gemeinden, die den Service eigenständig organisieren sollten. Die Förderung sollte durch den Landkreis erfolgen", sagte Loderer, der sich nach den landkreisweiten Fallzahlen erkundigte. "Ich denke, bei uns im Landkreis dürften wir 2000 bis 3000 Betroffene haben", sagte Dordevic. Allerdings konnte er lediglich schätzen, weil keine konkreten Zahlen vorliegen, wie der Behindertenbeauftragte erläuterte; zumal es vielfach zu Mehrfachnennungen komme, etwa wenn Menschen hilflos und außergewöhnlich gehbehindert seien.

Landrat Christoph Göbel kündigte an, dass die Verwaltung zunächst eine Bedarfsanalyse auf den Weg bringen werde, dann solle man sich des Themas in den Kreisgremien wieder annehmen. Der Vorschlag wurde einstimmig angenommen, auch weil alle Räte die Meinung von Rosi Weber teilten: "Ein solcher Service bringt eine ganz andere Lebensqualität. Der Bedarf wird sich schnell entwickeln, da bin ich ganz sicher."

© SZ vom 08.11.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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