Mitten in Pullach:Lauschangriff im Rathaus

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In der Damentoilette haben sich Fledermäuse eingenistet. Wenn da mal nicht ein Geheimdienst dahintersteckt

Von Konstantin Kaip

Vergangenes Jahr im Juni, kurz nach der Kommunalwahl, bei der Susanna Tausendfreund zur Pullacher Bürgermeisterin gewählt wurde, machten Mitarbeiterinnen der Gemeindeverwaltung im Rathaus eine sensationelle Entdeckung: Im Papierkorb der Damentoilette fanden sie mehrere Fledermäuse. Der anfängliche Schreck wich schnell dem mütterlichen Beschützerinstinkt. Bald war das ganze Rathaus erfüllt von einer Euphorie über die neuen Haustiere, die ihr Quartier in den Balken über dem Damen-WC eingerichtet hatten. Und die neue grüne Bürgermeisterin erklärte die nachtaktiven, streng geschützten Mitbewohner zur Chefsache. Nach langen Planungen und etlichen Sondersitzungen hat man nun einen zweiteiligen Kasten im Innenhof des Rathauses aufgehängt, der speziell ihren Bedürfnissen angepasst wurde. Die "Haustiere", berichtet das Gemeindeblatt Isaranzeiger triumphierend, hätten mietfrei eine "exklusive zweigeteilte Penthouse-Suite bezogen".

Fledermäuse sind ein heikles Thema. Das weiß man nicht erst, seit die Hufeisennase einst den Bau der Dresdner Waldschlösschenbrücke massiv verzögert und fast verhindert hat. Die possierlichen Insektenjäger mit eingebautem Ultraschallsonar sind die heiligen Kühe der Lüfte. Im Isartal werden Bauvorhaben grundsätzlich nur dann genehmigt, wenn wissenschaftlich erwiesen ist, dass das Braune Langohr den Grund nicht für sich beansprucht.

Doch genau das sollte die Pullacher stutzig machen: Langohrige, als unantastbar geltende Fledermäuse im Rathaus? Auf der Damentoilette, die doch gemeinhin als der Ort gilt, wo Frauen über Dinge sprechen, die für andere Ohren nicht bestimmt sind? Und das zufälligerweise kurz nach der Wahl einer Frau, noch dazu einer Grünen, zur Bürgermeisterin? War da nicht mal was mit der NSA und Angela Merkels Handy? Und soll nicht ausgerechnet die Technische Abteilung des BND in Pullach bleiben? Na, klingelt's jetzt? Ohne Spielverderber sein zu wollen, müssen wir in diesem Zusammenhang auch an Meldungen erinnern, denen zufolge die US-Marine und/oder die CIA ausgerechnet die mit ähnlichem Heiligkeitsstatus ausgestatteten Delfine einst in der U-Boot-Aufklärung ausgebildet hat.

Die Pullacher können natürlich all diese Indizien für einen geheimen Feldversuch in Sachen Aufklärungstechnik als Verschwörungstheorie abtun und die nachtaktive Fliegerstaffel weiterhin völlig ungestört im Zentrum ihrer politischen Entscheidungsfindung ein- und ausflattern lassen. Spätestens wenn die Nachricht von einem sensationellen Fledermausfund in der Damentoilette des Berliner Reichstags kommt, werden sie aber aufhorchen.

© SZ vom 10.04.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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