Mitten in Sauerlach:Urlaubsfotos ohne Zwang

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Einen Selfie-Stick hat Barbara Bogner noch nicht. Zum Glück. Sauerlachs Bürgermeisterin schießt ihre Urlaubsfotos noch auf die ganz altmodische Methode - und präsentiert das Ergebnis in einer Ausstellung

Von Frederick Mersi

Knutschend vor dem Eiffelturm, bierbepackt am Ballermann oder mit Einkaufstüten in Rom: Es wird gerade auf Facebook, Twitter und ähnlichen Plattformen immer schwieriger, den Urlaubsfotos von Freunden, Followern und Familie zu entfliehen. Da ist man froh, wenn zumindest die eigene Bürgermeisterin ihre Ferienwerke noch unaufdringlich dar- und ausstellt. Und wenn das Anschauen dabei freiwillig ist.

Früher, als noch alles besser war, gab es noch Diaprojektoren und eigens zusammengestellte Musik fürs Fotoschauen. Es musste viel Mühe und Zeit in solche Abende investiert werden, die Gäste wurden dabei manchmal sogar mit ortstypischen Speisen verköstigt. Das hat sich, wie viele andere Dinge auch, in der Zwischenzeit geändert. Mit der digitalen Revolution verschwand mit dem Diaprojektor auch die Bewirtung aus den Wohnzimmern. Urlaubsfotos wurden zur Massenware, lieblos an jeder Ecke vor jedem noch so unspektakulären Hintergrund geschossen, und dann direkt über soziale Netzwerke und Blogs mit Verwandten und nebenbei noch der Weltöffentlichkeit geteilt.

Sauerlachs Ortsoberste Barbara Bogner dagegen sortiert ihre 1000 Fotos pro Urlaub noch selbst und fasst die schönsten 400 zu je einem Fotobuch zusammen. War früher der Wettbewerb um die schönsten Ferienbilder noch eine nervige Privatfehde innerhalb der Familie oder des Freundeskreises, ist er heute ein Teil des "Oversharings", dem knallharten Kampf um Aufmerksamkeit in der großen, digitalen Welt. Und damit jeder weiß, wer für die fünffach bearbeiteten Bilder verantwortlich zeichnet, muss natürlich auch ein Selfie-Stick mit auf die Reise. Wie schön, dass es in diesen Zeiten noch eine Barbara Bogner gibt. Ihre Fotobücher wurden kürzlich im Heimatmuseum in Arget als Sonderausstellung ganz unaufdringlich gezeigt. Aus exotischen Orten wie Granada, Shanghai und von ihren Reisen nach Afrika stammen die Motive. Vermutlich freiwillig kamen die Besucher, bestaunten die Werke ihrer Bürgermeisterin - und das sogar ohne Diaprojektor, Rotwein und Käsehäppchen.

© SZ vom 18.08.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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