Mitten in Grasbrunn:Ein Busfahrer kriegt die Kurve

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Unsere Autorin wuchs in Bukarest auf. Eine Busfahrt dort ist grundsätzlich gefährlicher und der Fahrplan verwirrender als hier. Dachte sie jedenfalls

Kolumne von Cristina Marina

Dass im Straßenverkehr Gefahren lauern, ist hinlänglich bekannt. Auch, dass man in einigen Ländern eher als in anderen eines Unfalltodes sterben kann. 2016 zählte man hierzulande 39 Verkehrstote pro einer Million Einwohner, in der alten Heimat Rumänien waren es 97. Mit diesem Wissen fährt man lieber mit den Öffentlichen und wähnt sich auf der sicheren Seite.

Doch das täuscht. Denn auch dabei kann man einige unangenehme Überraschungen erleben. Das geht im Raum München schon beim Fahrkartenkauf los. Ringe, Zonen und Streifen können neu Zugezogene ungeheuer verwirren. Eine Praktikantenkollegin soll ihr halbes Monatsgehalt in den Kauf falscher Fahrkarten investiert haben, weil sie erst beim unfreiwilligen Schwarzfahren erwischt wurde und dann zur Sicherheit viel zu teure Tickets löste.

Dass selbst Insider das komplizierte Tarifsystem nicht kapieren, zeigt sich bei einer Busfahrt von Grasbrunn in die Münchner Innenstadt. Denn auch der Fahrer kann die Frage nicht beantworten, welche Fahrkarte man lösen muss, wenn man bereits ein Monatsticket für drei Ringe hat. Er nickt nur - und tippt vor sich hin auf seinem Bildschirm. Doch alles, was er tippt, erweist sich als falsch. Verzweiflung auf beiden Seiten, die anderen Fahrgäste werden ungeduldig. "Zeigen", sagt der Busfahrer - und man hält ihm die Monatskarte hin. Er lächelt. Dann startet er den Motor und fährt los. Alle im Bus sind glücklich.

Mit einer Hand tippt der Mann nun auf dem Gerät weiter, mit der anderen lenkt er das Steuer. Er scheint sich vertippt zu haben, schaut nach, löscht, tippt erneut. Schaut noch mal auf die Monatskarte. Einige Kurven tauchen vor der Windschutzscheibe auf. Die Sonne blendet. Die Fahrgäste im Bus wirken beunruhigt. Die erste Kurve schafft er jedoch mit links. Dann will der Mann plötzlich 65,80 Euro. Er hat die Monatskarte eingetippt und will einem eine zweite verkaufen.

Mit Hilfe des Handys ermittelt am Ende der Fahrgast den richtigen Preis. Keine Strecke mehr eintippen, bitte! Nur den Preis eingeben! Der Busfahrer bedankt sich höflich. Der Angstschweiß lässt nach. Die Verspätung ist minimal, nicht der Rede wert. In Bukarest wäre es gar keine Verspätung gewesen. Denn da gab es zumindest bis vor Kurzem gar keinen Fahrplan.

© SZ vom 02.02.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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