Mitten im Landkreis:Hart an der Gürtellinie

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Stefan Schelle, Fraktionsvorsitzender der CSU im Kreistag, und FDP-Kreisrat Tobias Thalhammer aus Neubiberg pflegen eine besondere Beziehung zueinander

Von Stefan Galler

Sie sind schon ein außergewöhnliches Gespann, der groß gewachsene konservative Bayer und der kleine quirlige Liberale: In den von Harmonie und guter Laune geprägten Kreisgremien sorgt dieses Duo für die wenigen polemischen Farbtupfer, für Wortgefechte, die die Gürtellinie haarscharf streifen. Stefan Schelle gegen Tobias Thalhammer - die Neuauflage des klassischen Goliath-gegen-David-Motivs.

Irgendwie kommt einem immer gleich das alte Bonmot von Edmund Stoiber in den Sinn, der einst den FDP-Mann Guido Westerwelle als "politischen Leichtmatrosen" abgekanzelt hatte. Auch Schelle spart nicht mit Häme, wenn er mal wieder mit dem schlagersingenden Neubiberger Thalhammer in den Clinch geht. Und das ist zurzeit praktisch in jeder Sitzung der Fall. Auch am Montag im Kreisausschuss wieder. Da wollte Landrat Christoph Göbel den Tagesordnungspunkt zum Haushalt 2016 absetzen, weil man schon in der Vorwoche die Eckdaten abgesegnet hatte. Doch dann sprang Thalhammer herbei und präsentierte einen Alternativvorschlag, eine "Idee zur besseren Planbarkeit der Kreisfinanzen".

Und dann legte er los, forderte einen "Korridor für die Kreisumlage", ein "Commitment", durch das sich der Landkreis verpflichten würde, die Umlage nie um mehr als 2,5 Prozentpunkte anzuheben. Damit wären die Kreisräte "zur Selbstdisziplin" angehalten. Man müsste halt zur Finanzierung im Zweifelsfall auf freiwilliger Leistungen verzichten, etwa auf den Landkreispass - bekanntlich seit seiner Einführung ein rotes Tuch für die Landkreis-Liberalen.

Was folgte, war vorhersehbar: Wie schon vor einer Woche, als Thalhammer zusammen mit seinem Fraktionskollegen Jörg Scholler leidenschaftlich gegen Kreisetat und Stellenplan argumentiert hatte, braute sich das über ihm zusammen, was in den sozialen Medien einen wenig appetitlichen Namen trägt. Und dann brach er los, der Shitstorm, der diesmal allerdings etwas moderater ausfiel als vor acht Tagen. Michael Sedlmair (Freie Wähler) sprach von "akrobatischer Denkweise" und meinte das ebenso wenig positiv wie der Grüne Christoph Nadler ("platter Populismus"). Schelle setzte dem Ganzen dann aber wie gewohnt die Krone auf. Mit Bezug auf Thalhammers Vorschlag sagte er: "Eine rechtlich nicht haltbare Idee. Das ist nicht ein Denkvorgang, sondern nur ein Vorgang."

Jetzt ging die Post so richtig ab. Der FDP-Rat erwiderte: "Die rechtliche Zulässigkeit ist ein Totschlagargument, wenn man nicht mehr weiter weiß. Die Rechtsstaatlichkeit liegt den Freien Demokraten näher als der CSU." Aufregung in den Reihen der Christsozialen. "Unverschämtheit", rief Kerstin Schreyer-Stäblein. Und Schelle: "Jetzt kommst in Schmarrn rein." Dabei sind gut gemachte Komödien doch am aller unterhaltsamsten. Mit diesem Duo gibt es bestimmt bald eine Fortsetzung.

© SZ vom 09.12.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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