Helfer:Atempause auf der Wiesn

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Der Einsatz auf der Wiesn dient manchen Helfern als Verschnaufpause. (Foto: Catherina Hess)

Nach dem Dauereinsatz für Flüchtlinge gerät das Oktoberfest für die Hilfsdienst aus dem Landkreis fast zur Erholung

Von Sabine Oberpriller, Landkreis

Die Sorge der Hilfsdienste im Kreis München war groß in den vergangenen Wochen. "Wir arbeiten am Limit", sagt Sven Frisch, Bereitschaftsleiter bei den Johannitern in Ottobrunn-Riemerling. Der Verband koordiniert einen Großteil der Flüchtlingsbetreuung, unter anderem die Notunterkunft Dornach. "Die Lage ist angespannt." Und zusätzlich stand Münchens jährlicher Ausnahmezustand noch bevor: das Oktoberfest. Von Doppelbelastung war die Rede und davon, dass es für die Helfer schlicht nicht zu schaffen sein würde. Nach einer Woche Spektakel auf der Theresienwiese sieht die Lage aber ganz anders aus. Und zwar überraschend entspannt.

"Doppelbelastung existiert bei uns nicht", sagt Peter Behrbohm vom Roten Kreuz, der derzeit nur auf der Wiesn zu erreichen ist. Das Rote Kreuz stemmt dort traditionell die Notfallbetreuung der laut Behrbohm bis zu 10 000 Patienten. Zusammen mit der Organisation in den Notunterkünften kaum zu machen. "Wir haben uns mit den anderen Diensten besprochen und für diese Zeit unsere Aufgaben bei den Flüchtlingen komplett abgegeben." Diese kommen im Moment gar nicht in München an. "Gott sei dank", sagt der Fachdienstleiter bei den Samaritern, Florian Kreuzer. Die Samariter, Malteser und Johanniter stellen rund um die Theresienwiese je einen zusätzlichen Rettungs- und Transportwagen nebst Besatzung. Das sind täglich mindestens sechs Leute pro Schicht. Die übrigen, sagt Kreuzer, nutzten die Zeit, um sich zu sammeln, sich wieder zu organisieren - und zu erholen.

Am stärksten eingespannt sind die Johanniter. "Für die Ehrenamtlichen hat der Arbeitsaufwand um die Hälfte zugenommen", sagt Sven Frisch. "Viele haben in letzter Zeit 40-Stunden-Wochen gehabt. Aber die haben auch noch andere Jobs." Er müsse seine Leute, die gerne auch außerhalb der Schichten helfen wollten, oftmals bremsen, um Ressourcen für die eingeplanten Schichten zu schonen. "Ich muss aufpassen, dass meine Leute da gesund rausgehen", sagt Florian Kreuzer.

Das Bild der Orte, an denen die Hilfsdienste aus dem Kreis München gerade eingesetzt sind, könnte unterschiedlicher nicht sein: In den Flüchtlingsunterkünften sind die Helfer mit dem schieren Elend der Welt konfrontiert. Auf der Theresienwiese warten "Festopfer", die kübelweise Bier in sich hineinkippen. Letzteres sind die Helfer schon gewohnt: "Mein Auftrag ist, Menschen zu helfen", sagt Sven Frisch. "So ist meine Welt. Wenn ich mich zu sehr mit dem Rahmen beschäftige, mache ich mich kaputt."

Wie ihm geht es den meisten Helfern. Ein paar Gedanken macht sich Florian Kreuzer aber dann doch. Beim Anblick des Bierpreises von 10,40 Euro pro Mass habe er automatisch kurz gerechnet, wie viele Carepakete man von diesem Betrag schnüren könnte, berichtet er. Die Stadt München empfängt zur Zeit sehr, sehr viele Menschen - und dies hat auch Folgen für die Helfer im Landkreis, die das bislang organisatorisch gut gemeistert haben. "Wie es danach weiter geht", fragen alle. Das werde sich zeigen."

© SZ vom 29.09.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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