Kreis und quer:Rote Schwarzfahrer

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Die Landkreis-SPD will Kinder und Jugendliche in Bussen umsonst fahren lassen. Das ruft die Grünen auf den Plan, die den Roten das Schwarzfahren unterstellen

Von Stefan Galler

Richtig nette Leute, die Sozis im Landkreis. Vorneweg Stammvater Peter Paul Gantzer, der ewige Abgeordnete, gefolgt von Kronprinzessin Natascha Kohnen, der seit einer via Facebook verbreiteten Landtagsrede auch bayernweit plötzlich irre viel zugetraut wird - im Rahmen dessen, was man Sozialdemokraten in Bayern eben zutrauen kann. Dazu eine Riege mehr oder weniger engagierter Frauen, oftmals doppelt benamt, vereinzelt jung und noch ein bisschen grün hinter den roten Ohren.

Allerdings stecken die Sozialdemokraten derzeit in einem Riesen-Dilemma: Wie kratzt man am gerade entstehenden Denkmal eines Landrates, der es perfekt versteht, sozialdemokratisches Gedankengut mit christlich-sozial-konservativer Grundeinstellung zu verquicken? Möglichkeit 1: Man verabschiedet sich von jeder Art parteipolitischen Programms und trifft Entscheidungen nur noch aus dem Bauch heraus. Und tatsächlich: Klickt man auf www.spd-muenchen-land.de den Unterpunkt Politik an, findet man dort: nichts! Nada! Die leere Menge.

Aber das liegt wahrscheinlich nur daran, dass die Kreis-SPD vor lauter innovativer Ideen gar nicht mehr dazukommt, die Homepage zu pflegen. Da wäre etwa der Vorschlag, das Busfahren im Landkreis für alle unter 21 kostenfrei zu machen. Während sich der salomonische Landrat bislang nicht zum Thema geäußert hat, tat das eine Partei, die man traditionell eher zum Freundeskreis der Sozis zählte. Doch das Statement der Grünen Christoph Nadler, Markus Büchler und Co. zum Gratis-Busfahren fällt beileibe nicht positiv aus, obwohl sie jede Alternative zum Auto aus ökologischen Gründen begrüßen. In der vorliegenden Form habe der Vorschlag jedoch null Chance. Um es in der Farbenlehre auszudrücken: Die Grünen unterstellen den Roten, das Schwarzfahren zu fördern. Denn welcher Jugendliche wisse schon, wann der Omnibus die Landkreisgrenze überquert? Und mit dem Verlassen dieses Gebietes wird die Fahrt dem SPD-Vorschlag zufolge ja wieder kostenpflichtig.

Klar, man könnte einen Warnton im öffentlichen Vehikel erklingen lassen oder eine App entwickeln, die das Smartphone beim Passieren des Ortsschildes "Landeshauptstadt München" vibrieren lässt. Oder den Freistaat auffordern, öffentlichen Nahverkehr für alle Kinder gratis zu machen. Kostet vermutlich rund 100 Millionen Euro. Und da wird die Staatsregierung wohl das Gleiche tun, was der Kreistag mit dem SPD-Antrag machen dürfte: Vehement dagegen sein.

© SZ vom 20.02.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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