Kreis und quer:Im Kern der Marke

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Mediengemeinde Unterföhring, Krautdorf Ismaning - PR-mäßig hat der Landkreis noch Nachholbedarf

Von Udo Watter

Für Autofahrer aus dem Großraum München mag es surreal klingen, aber es gibt Straßen in diesem Land, da kann man ungebremst mehr als zehn Meter am Stück fahren. Selbst auf manchen Autobahnen soll es möglich sein, das deutsche Alleinstellungsmerkmal des grenzenlosen Geschwindigkeitsrausches dauerhaft zu genießen. Seit vielen Jahren schon erfüllen die Highways zudem einen Bildungsauftrag, alle paar Meter weisen braun-weiße, touristische Unterrichtungstafeln auf lokale Attraktionen hin und vermitteln Erkenntnisgewinne à la "Chemnitz - Stadt der Moderne", "Roswithastadt Bad Gandersheim" oder "Wolfratshausen - die Flößerstadt". Der Landkreis München ist zwar reich gesegnet mit Autobahnkilometern, abgesehen von "Schloss Schleißheim" und "Kulturlandschaft Aying" gibt es dort entlang der mächtigen Verkehrsadern aber kaum entsprechende Hinweisschilder.

Nun, das muss kein Nachteil sein, diese Tafeln haben sich in den vergangenen Jahren eh wie Karnickel vermehrt und sind teils nicht zu Unrecht ("Baumschulgebiet Pinneberg", "Autobahnkirche Gelmeroda") Ziele des Spotts. Gleichwohl sind die Kommunen im Landkreis PR-mäßig natürlich auch nicht auf der Brennsuppn dahergeschwommen und wissen auf ihre identitätsstiftenden und profilschärfenden Vorzüge hinzuweisen: Da gibt's etwa die Mediengemeinde Unterföhring oder die Universitätsstadt Garching. Kirchheims Bürgermeister Maximilian Böltl nennt seine Kommune in schöner Regelmäßigkeit "Familiengemeinde". Das benachbarte Aschheim kokettiert gerne noch mit seinem dörflichen Charakter. In Anlehnung an den Werbespruch "VW - das Auto" wäre "Aschheim - das Dorf" hier also eine Option. Feldkirchen könnte seinen suboptimalen Glamour-Faktor mit einer stärkeren Betonung seiner Fassbinder-Vergangenheit kompensieren: Der berühmte Regisseur residierte mitsamt Entourage Anfang der Siebzigerjahre im Ort.

Orte mit überregionaler Bekanntheit wie Grünwald oder Pullach brauchen dagegen kein spezielles Image-Attribut, die beiden Isartal-Gemeinden sind eh eine Spielwiese für Assoziationen (Schnösel, SUVs, Schlapphüte). Haar könnte sich, inspiriert von der Kliniktradition, als "Inklusionsgemeinde" vermarkten und Grasbrunn als "Bierkrügerl-Gemeinde" (Keferloher!). Der Airbus-Standort Ottobrunn galt mal als Gemeinde mit höchster Akademiker-Dichte im Land. Unterhachings Markenkern ist der Fußball.

In Ismaning, wo jetzt das Fest "Kultur im Schlosspark" stattfindet, darf man sich ebenfalls nicht beschweren, was Markenkerne angeht: ein Schloss mit Park inklusive zweier Museen und Galerie - das macht was her, gerade für ein ehemaliges "Krautdorf". Bürgermeister Alexander Greulich empfiehlt für das Fest am Wochenende: "Kommen Sie zu Fuß oder mit dem Fahrrad."

© SZ vom 22.07.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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