Kreis und quer:Getrennt zusammen

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Das Gespräch zwischen Münchens Oberbürgermeister Dieter Reiter und Landrat Christoph Göbel zeigt: Da treffen sich zwei auf Augenhöhe und suchen nach pragmatischen Lösungen

Kolumne von Lars Brunckhorst

Es war eine Begegnung auf Augenhöhe. Und sie verlief sehr harmonisch. Beide Männer saßen sogar länger zusammen als erwartet, und die Fotos, die hinterher von ihnen veröffentlicht wurden, bestätigten den Eindruck, dass sich da zwei ganz offensichtlich gut verstehen. Auch in dem, was sie sagten. Dieses Treffen war ein Erfolg, die Premiere gelungen. Denn es war das erste Mal, dass sich die beiden mächtigsten Männer Münchens und des Umlands zu einem gemeinsamen Interview trafen. Anderthalb Stunden standen Dieter Reiter, der Münchner Oberbürgermeister, und Christoph Göbel, der Landrat des Landkreises München, der SZ Rede und Antwort zu den Fragen und Themen, die die fast 1,8 Millionen Menschen innerhalb und außerhalb der Stadt bewegen: Wie lässt sich günstiger Wohnraum schaffen? Was hilft gegen den Verkehrsinfarkt? Wie weit kann die Region noch wachsen? Welche Folgen hat das Wachstum für die Menschen und wo sind die Grenzen?

Die Antworten von Göbel und Reiter sind in zweierlei Hinsicht bemerkenswert: Zum einen werden die aktuellen Probleme im Münchner Rathaus und im Landratsamtamt am Mariahilfplatz überwiegend gleich beurteilt und es werden auch ähnliche Lösungsansätze verfolgt. Zum anderen agieren Stadt und Kreis mittlerweile als gleichberechtigte Partner. Das war nicht immer so. Als München noch vom bohèmienhaften OB Ude regiert wurde, blickte man vom Marienplatz eher herablassend auf das Umland. Daran änderte auch der Umstand nichts, dass auch der Landkreis sechs Jahre lang sozialdemokratisch geführt wurde.

Seit der Wahl von Reiter und Göbel vor vier Jahren hat sich das Verhältnis zwischen Stadt und Landkreis zum Guten, Kollegialen gewandelt. Das liegt vor allem an der pragmatischen, hemdsärmeligen Art der beiden führenden Köpfe, die sich trotz ihrer unterschiedlichen politischen Herkunft in ihrer Art, Politik zu machen, sehr ähnlich sind. In Göbel und Reiter haben sich - im Gegensatz zu zwei Herren in Singapur wie auch zu Merkel und Seehofer in Berlin - wirklich zwei gefunden, die sich verstehen und gemeinsam etwas erreichen wollen.

"Wenn München seine Erfolgsgeschichte fortschreiben will, wird es die Zusammenarbeit mit den Landkreisen brauchen." Diese Erkenntnis teilen der Landrat und der OB. Sie haben sich "zusammengerauft", wie die Gemeinden in den 40 Jahren seit der Gebietsreform. 1978 waren viele von ihnen rund um München neu geordnet worden, sechs Jahre zuvor der Landkreis. Darüber hat die SZ in den vergangenen Wochen in einer Serie berichtet. Das Doppelinterview bildete den Abschluss. Denn am Ende musste auch die Frage beantwortet werden, ob sich nicht auch Stadt und Umland stärker zusammenraufen müssen, die Metropolregion am Ende vielleicht sogar eins werden muss. Reiter und Göbel gaben eine Antwort, die vor allem die Menschen vor der Stadt beruhigen wird: Zusammenhalten ja, zusammenwachsen aber nein.

© SZ vom 16.06.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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