Kreis und quer:Ausflug mit der Sekretärin

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Die Verwaltungen im Landkreis sind unterwegs _ und dabei unter sich: Gemeinderäte dürfen und wollen meist nicht mit auf den Betriebsausflug

Von Claudia Wessel

In diesen Sommertagen kann es vorkommen, dass ein Bürger zum Rathaus möchte und vor verschlossener Tür steht. An dieser hängt, wenn er Glück hat, ein Schild, auf dem steht: "Am Donnerstag, 7. Juli, findet der Betriebsausflug für die Beschäftigten der Gemeindeverwaltung statt." Der "verehrte Bürger" möge ein andermal wiederkommen.

Der verehrte Bürger trottet also wieder davon und macht sich dabei Gedanken. Was all die wichtigen Leute aus seiner Gemeinde an diesem Tag wohl treiben mögen? Vor seinem inneren Auge sieht er Gemeinderäte mit Sachbearbeiterinnen flirten, den Bürgermeister von der CSU für drei, vier Bierchen mit der Ökoaktivistin von den Grünen versacken und den Bauamtschef einem Lokalpolitiker geheimes Wissen zuflüstern. Ein Betriebsausflug, so die Vorstellung, kann eine perfekte Gelegenheit sein, Wissenswertes für die Arbeit als Gemeinderat rauszukriegen. Gerade eine Sachbearbeiterin schüttet vielleicht gerne ihr Herz aus und man erfährt quasi aus erster Hand, dass die 1,4 Stellen, die die grüne Bürgermeisterin von Pullach gerade durchpushen will, gar nicht nötig sind.

Dieser Eindruck von einer Annäherung zwischen Lokalpolitikern und Verwaltung täuscht jedoch. Zum einen ist es in den meisten Gemeinden so geregelt, dass nur die Mitglieder der Verwaltung nebst ihrem obersten Chef, dem Bürgermeister, am Betriebsausflug teilnehmen. Gemeinderäte sind nicht eingeladen. Und in Pullach, wo die Gemeinderäte ausdrücklich aufgefordert sind, sich anzuschließen, haben sie kein Interesse. Nicht nur schwiegen alle vielsagend, als Susanna Tausendfreund im Gemeinderat fragte, wer sich für die Fahrt nach Garmisch anmelden wolle. Auch Stichproben bei Andreas Most (CSU), Johannes Schuster, (WIP) und Fabian Müller-Klug (Grüne) ergaben: noch nie dabei gewesen. Er würde sich als Fremdkörper fühlen unter den Angestellten, ließ Most wissen. Und außerdem, so die perfekte Ausrede der Lokalpolitiker, hätten sie ja noch ihren Hauptberuf und daher einfach keine Zeit, so gerne sie auch wollen würden.

Um diese Ausrede werden sie vermutlich von den Bürgermeistern und von Landrat Christoph Göbel (CSU) beneidet. Als Chefs der Verwaltung haben diese einfach keinen Grund, dem Spektakel fern zu bleiben. So düste Göbel jüngst umringt von 600 Landratsmitarbeitern mit der Bahn (von Busreisen wird ihm übel) nach Bamberg, wo sie die Stadt laut Göbel "völlig überrannten". Und Jan Neusiedl, CSU-Bürgermeister in Grünwald, wird am nächsten Donnerstag gute Miene zum Busausflug nach Salzburg machen. Vielleicht wäre ja alles besser, wenn der Wunsch des Putzbrunner Bürgermeisters Edwin Klostermeier (SPD) nach einem Flugzeug für Gemeindeausflüge wahr würde. In einem Jet nach Teneriffa würden sich womöglich sogar Gemeinderäte nicht mehr als Fremdkörper fühlen.

© SZ vom 02.07.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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