Kommentar:Verstaubtes Image

Wenn Unternehmen heute Auszubildende finden wollen, müssen sie ihnen etwas bieten. Zum Beispiel Praktika im Ausland

Von Laura Zwerger

Mehr als tausend Lehrstellen im Landkreis sind noch unbesetzt. Das hat Gründe: Sie sind meist schlecht bezahlt, gelten bei jungen Leuten als wenig cool und vor allem werden sie von den Betrieben zu wenig beworben. Verstärkend hinzu kommt im Landkreis München, dass 60 Prozent eines Schülerjahrgangs Abitur machen und somit eine höhere Laufbahn anstreben. Wollen Betriebe also Lehrlinge finden, müssen sie den jungen Leuten Angebote machen: zum Beispiel mehr bezahlen oder bei der Wohnungssuche im teuren Großraum München helfen. In erster Linie aber müssen sie das Image der Ausbildungsberufe entstauben.

Ein modernes, internationales Auftreten ist gefragt. Dafür genügt es nicht, den Hausmeister in "Facility Manager" umzubenennen und die Sekretärin in "Head of verbal Communications". Zusätzlich müssen Defizite ausgeglichen werden, die einen Auszubildenden im Gegensatz zu Studierenden benachteiligen. So könnten Betriebe Auslandspraktika ermöglichen über Austauschprogramme mit Partnerstädten, in denen Lehrlinge ähnlich wie Studenten internationale Erfahrungen sammeln. Oder sie bieten Sprachkurse und Workshops für Zusatzqualifikationen an, die über die duale Ausbildung in Berufsschule und Betrieb hinausreichen.

So können herkömmliche Lehrberufe, die weniger durch Coolness als durch Bodenständigkeit überzeugen, auch wieder in das Sichtfeld junger Bewerber rücken. Dass so etwas funktioniert, zeigen bereits einzelne Münchner Unternehmen wie Sport Scheck. Das Sport- und Modehaus leidet weniger unter Bewerbermangel als Bäckereien oder Bäder, da es auf einen jungen und modernen Auftritt setzt. So kann sich ein 16-jähriger Bewerber mit dem Image einer Marke identifizieren und in einem Job als Einzelhandelskaufmann durchaus eine Zukunft sehen.

© SZ vom 20.07.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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