Es ist fünf vor zwölf: Vierzimmerwohnungen für 1500 Euro Kaltmiete, Doppelhaushälften für annähernd eine Million Euro - wer nicht zu den Spitzenverdienern oder zur Erbengeneration gehört, ist im Großraum München auf dem Immobilienmarkt abgehängt. Hier zeigt sich die ungerechte Entwicklung der Vermögensverteilung am stärksten: Wer ein Grundstück, ein Haus oder wenigstens eine Eigentumswohnung besitzt, ist in den vergangenen Jahren um Hunderttausende oder Millionen Euro reicher geworden - und das ohne eigenes Zutun. Wer dagegen zur Miete wohnt, muss jeden Monat vor einer Mieterhöhung oder Eigenbedarfskündigung Angst haben. Das ist sozialer Sprengstoff.
Lange haben Staat und Kommunen dieses Problem verschlafen. In den sozialen Wohnungsbau wurde kaum bis gar nicht investiert, vorhandene öffentliche Wohnungen wurden dagegen privatisiert. Inzwischen haben es nicht nur Erzieher, Polizisten und Verkäufer schwer, in den Ballungsräumen eine für sie bezahlbare Wohnung zu finden, sondern auch viele Besserverdienende. Höchste Zeit also, dass die Politik aufwacht. In immer mehr Kommunen tut sie es. Oberschleißheim etwa führt Regeln zur sozialgerechten Bodennutzung ein. Wer hier qua Gemeinderatsbeschluss in den Genuss kommt, dass sein Acker zu Bauland wird, muss künftig bis zu 55 Prozent des geschenkten Wertzuwachses abgeben - zum Beispiel für den Bau günstiger Mietwohnungen.
Andere Gemeinden wie Taufkirchen und Sauerlach überlegen gerade ebenfalls, wie sie mit Hilfe von Genossenschaften und Förderprogrammen Wohnungen für Normal- und Geringverdiener schaffen können. Sie fürchten zu Recht um den sozialen Frieden am Ort. Mit ihren Maßnahmen zeigen sie, dass die Kommunalpolitik handlungsfähig ist und nicht auf verkopfte und unzulängliche Gesetze aus dem Bund wie die Mietpreisbremse warten muss. Die Reaktionen kommen allerdings spät. Hoffentlich nicht zu spät.