Kommentar:Lücken schließen reicht nicht

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Im Landkreis fehlen viele Plätze in den Kitas und Kindergärten. Es fehlt aber auch eine Fortbildungsoffensive, den Kindertagesstätten sind Bildungseinrichtungen

Von Bernhard Lohr

Es ist zur traurigen Gewohnheit geworden. Jedes Jahr im Mai, Juni wächst bei Familien im Landkreis die Verunsicherung. Sie treibt die quälende Frage um, ob das eigene Kind im September einen Krippen- oder Kindergartenplatz bekommen wird. Nicht nur, dass jede Mutter und jeder Vater den Nachwuchs gut betreut und gefördert sehen möchte. Das wird überlagert von der drängenden, in vielen Fällen existenziellen Frage, wie die Familie über die Runden kommen soll, sollte kein Platz gefunden werden. Dass Mutter oder Vater zu Hause bleiben, ist keine Option, wenn man auf das Zweiteinkommen angewiesen ist.

Familien stehen im prosperierenden Münchner Umland unter immensem Druck. Die Lebenshaltungskosten sind hoch. Selbst wer gut verdient, und sich das Leben hier leisten kann, muss im Job Leistung bringen. Flexibilität wird abverlangt. Das mit dem Familienleben in Einklang zu bringen, ist anspruchsvoll. Wenn dann noch die Kinderbetreuung vollends auszufallen droht, weil vielleicht keine Großeltern da sind, kann sich blanke Verzweiflung breitmachen

Das Glück ist: So schlimm wie es im Mai oder Juni scheint, kommt es in den seltensten Fällen. Die Vergangenheit hat gezeigt: Die Gemeinden und die Träger der Kindertagesstätten haben es immer wieder mit viel Improvisation geschafft, die Lücken zu schließen. Es werden Notgruppen geschaffen und auf den letzten Drücker Personal akquiriert. Der Gesetzgeber hat zum Glück etwas Flexibilität gezeigt. Mit Tagesmütter-Projekten und Großtagespflege-Einrichtungen lässt sich manche Notlage überbrücken.

Aber das ist genau das Problem. Es werden Lücken gestopft. Die Gemeinden sind wieder extrem gefordert. In vielen Kommunen steht ein neues Bauprogramm an, für Krippen und Kindergärten, aber auch für günstige Gemeindewohnungen, um Personal zu binden. Dabei darf die Qualifikation des Personals nicht außer Acht gelassen werden. Es geht nicht nur um Unterbringung. Eine Fortbildungsoffensive muss garantieren, dass der Anspruch nicht verloren geht: Kindertagesstätten sind Bildungseinrichtungen.

© SZ vom 27.06.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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