Kommentar:Bedrohliche Schieflage

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Die Finanzausstattung der Kommunen ist so unterschiedlich, dass der Landkreis Ausgleich schaffen muss. Das entlässt aber auch die ärmeren Gemeinden nicht aus ihrer Verantwortung

Von Bernhard Lohr

In Ottobrunn haben sich Gemeinderäte eine surreale Debatte darüber geliefert, was sich die Kommune leisten kann. Kurzzeitig stand tatsächlich im Raum, ob es nicht reichen könnte, an den Sportanlagen ein Dixi-Klo aufzustellen, um sich so den Bau einer Toilettenanlage zu sparen. Von der SPD kam dann noch der Vorschlag, die Toilette als Sparvariante nicht behindertengerecht auszustatten. Dass ein Gemeinderat das vorschlägt, ist kaum zu glauben und allenfalls dadurch zu erklären, dass die Gemeinde auf ihre Finanzen schauen muss und die Toilette 80 000 Euro kosten soll. Ein stolzer Preis für ein stilles Örtchen.

Die Diskussion in Ottobrunn hat zwei Dinge gezeigt: Zum einen existiert im Landkreis eine Zwei-Klassen-Gesellschaft. Kommunen wie Grünwald und Unterföhring können sich dank sprudelnder Einnahmen aus der Gewerbesteuer nahezu alles leisten. Während die einen über Toilettenhäuschen diskutieren, baut sich Unterföhring einen Sportpark samt Hallenbad und wagt beim Schulcampus den großen Wurf. So agiert man, wenn man Hunderte Millionen Euro auf der hohen Kante hat. Die Schieflage im Landkreis ist offensichtlich. Und sie wird zum Problem. Das zeigt sich gerade beim Bau der weiterführenden Schulen. Der Landkreis muss sich noch stärker einbringen und über die Kreisumlage einen Ausgleich zwischen den Kommunen schaffen.

Zum anderen ist Ottobrunn keine arme Gemeinde. Die Bürger, die hier hohe Mieten zahlen und sich für ein Eigenheim selbst hoch verschulden, melden zu Recht Ansprüche an. Ein Kunstrasenplatz ist im verdichteten Siedlungsraum um München kein Luxus. Und eine barrierefreie Toilette schon gar nicht. Die Infrastruktur muss erhalten und ausgebaut werden. Und da gilt es im Zweifel auch, Schulden in Kauf zu nehmen. Die Sparfüchse im Ottobrunner Gemeinderat sind deutlich über das Ziel hinausgeschossen.

© SZ vom 17.02.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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