Kolumne: After Eight:Haarweh und Katzenjammer

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Schon Wilhelm Busch schildert zutreffend, wie es dem Trinker am Neujahrsmorgen ergeht. Der Münchner von heute hat ebenfalls keine Wahl.

Beate Wild

Es muss am Prosecco liegen, und dem ihm unweigerlich folgenden Kater, dass Silvester so einen schlechten Ruf hat. Wobei schon Wilhelm Busch 1868, als man von dem italienischen Perlwein noch nicht das geringste ahnte, in seinem Cartoon "Der Katzenjammer am Neujahrsmorgen" skizziert, wie es dem Trinker nach der Silvesterfeier ergeht: "Schmerz in den Kniegelenken, gesteigerte Sensibilität der Haarspitzen, vulgo Haarweh, subjektive Farbenerscheinung in Gestalt beweglicher Flecken, gemeines Schädelweh."

Haarweh und subjektive Farbenerscheinung in Gestalt beweglicher Flecken: Wilhelm Buschs Trinker am Neujahrsmorgen. Quelle: Wilhelm Busch: Werke. Historisch-kritische Gesamtausgabe, Bde. I-IV, Band Gemeines Schädelweh Bild 6, Am Morgen nach Silvester Bild 1 (Foto: N/A)

Im Grunde ist es egal, welche Art von Alkohol man in sich reinschüttet, zuviel davon hat stets unangenehme Konsequenzen. Genau hier liegt das Problem von Silvester. Man ist diesem Feierzwang hoffnungslos ausgeliefert, so ähnlich wie jedes Jahr bei der Wiesn.

Zunächst muss man sich entscheiden, wo man die alljährliche Prozedur über sich ergehen lassen will. Ein Rundum-Sorglospaket im Bayerischen Hof mit Champagner und Live-Band? Dafür muss man allerdings tief in die Tasche greifen. Eine krachende Hausparty? Dann muss man am nächsten Tag seine Wohnung renovieren. Ein gediegenes Sechs-Gänge-Menü bei einem Edelitaliener? Fad. In einem angesagten Club tanzen bis zum nächsten Morgen? Schon eher, jedoch muss man sich in diesem Fall auf unendliche Schlangen am Eingang, nervenaufreibende Kämpfe um die Aufmerksamkeit des Barkeepers und rüpelhaftes Geschubse auf der Tanzfläche gefasst machen.

Ohha? - Noch immer ein bissel wackelig?!

Hat man den Abend dann mehr schlecht als recht überstanden, gilt es, mit den Folgen am nächsten Morgen klarzukommen. Bei Wilhelm Busch erhebt sich der Protagonist wankend aus seinem Bett und jammert: "Ohha? - Noch immer ein bissel wackelig?!" Er versucht seine Morgenpfeife zu rauchen, doch davon wird ihm erst richtig übel. Verzweifelt schüttet er sich einen Kübel Wasser über den schmerzenden Schädel. Als auch das nichts hilft, greift der Leidgeprüfte zum Magenbitter. Und siehe da: "Nach dieser heilsamen Erschütterung geht's ja soweit wieder ganz gut."

Wenn alle probaten Mittel zur Katerbekämpfung nacheinander kläglich versagen, schwört so mancher auf einen Bloody Mary. Münchens Barlegende Charles Schumann bereitet den Cocktail mit 5cl Wodka, 1cl Zitronensaft, zwei Spritzer Tabasco, drei Spritzer Worchestersauce, 12cl Tomatensaft, etwas Pfeffer und Salz und einem Stangensellerie zu.

Wer den Neujahrsmorgen nicht mit Katerstimmung zubringen will, dem hilft indes nur Abstinenz.

© SZ vom 31.12.2010 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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