Königliche Federblumen:Die fremden Federn der Adeligen

Lesezeit: 4 min

Zu ihrer Hochzeit wurde Camilla Parker Bowles geklebt und gefedert - zumindest teilweise. Ausladende Federblumen zierten ihren Hut, entworfen und hergestellt von einem Ehepaar aus Freimann. Vielleicht schmücken die Münchner Federn bald sogar eine angehende Prinzessin.

Verena Schälter

Das Haus des Ehepaars Kho ist pfirsichfarben, mit einem kleinen Garten drum herum. Am Eingang warnt ein Schild vor einem bissigen Hund. Tik Kwie Kho öffnet die Tür und bittet seinen Besuch herein. "Wir gehen am besten gleich hinunter in die Katakomben", sagt er lächelnd und steigt eine breite Treppe hinunter in den Keller. Durch eine Tür tritt er aus dem düsteren Gang hinein in ein Meer aus Farben: Wohin man schaut, auf dem Boden, den Tischen und Kommoden, alles ist voll mit Blumen - hergestellt aus Federn.

Tin Kho und ihr Mann Tik Kwie Kho stellen seit 1972 Blumen aus Federn her. Die auslandenen Kreationen sind besonders in England beliebt. Auch Camilla Parker Bowles trug an ihrer Hochzeit mit Prinz Charles ein Modell der Khos. (Foto: Verena Schälter)

Was Tik Kwie Kho scherzhaft als Katakomben bezeichnet, ist in Wirklichkeit die Werkstatt und der "Showroom" der Khos. Eigentlich ist Tik Kwie Kho Bauingenieur. Seine Frau Tin Kho hat Innenarchitektur studiert. 1972 fing sie an Kunstblumen aus Federn zu fertigen. Was sich zunächst nach einem ungewöhnlichen Hobby anhört, ist für die Khos zu einem einträglichen Geschäft geworden, sodass beide ihre eigentlichen Berufe aufgegeben haben.

Anfangs fertigte Tin Kho Kunstblumen mit langem Stil, die man zum Beispiel gut für Gestecke verwenden konnte. Sie waren vor allem bei saudischen Kunden als Tischschmuck beliebt. Irgendwann fragte eine Hutmacherin, ob Tin Kho nicht auch Blumen ohne Stil herstellen könnte. Das war vor ungefähr zehn Jahren, seitdem sind die Khos auf Hüte spezialisiert. Ihre Federkunst zierte schon die Häupter von Camilla Parker Bowles, Queen Elisabeth und der holländischen Kronprinzessin Maxima. Was sie wohl sagen würden, wenn sie wüssten, dass sie eigentlich Abfallprodukte auf dem Kopf getragen haben?

"Früher haben wir die Federn von den Schlachthöfen bekommen", erzählt die Indonesierin, die in China geboren wurde. Heute gehe das in Deutschland nicht mehr, weil die Hühner maschinell geschlachtet würden und die Federn dabei kaputt gingen. Das Ehepaar bezieht deshalb einen Großteil der Hühnerfedern aus Osteuropa. "Dort werden die Tiere häufig noch von Hand gerupft", so Tin Kho.

Die Khos verwenden für ihre Blumen aber nicht nur Federn von heimischen Vögeln wie Hühnern, Tauben und Gänsen. Auch das Gefieder von Exoten wird verarbeitet: Paradiesvogel aus Papua Neuguinea, Strauß, Goldfasan, Emu. Die teuersten Federn stammen vom Reiher. "Die stehen mittlerweile unter Naturschutz und sind dementsprechend schwer zu kriegen", sagt Tik Kwie Kho. Er ist in dem Familienunternehmen in erster Linie für das Organisatorische verantwortlich: verabredet die Termine, kümmert sich um die Buchhaltung und den Vertrieb. Seine Frau übernimmt den kreativen Part. Alle Modelle hat sie selbst entworfen und hergestellt.

Bis zur fertigen Federblume ist es allerdings ein langer Weg. Wenn eine neue Lieferung Federn eintrifft, bringen die Khos sie zu einem Freund. Der besitzt eine Reinigung und steckt die Federn erst einmal in die Waschmaschine. Nach dem Trocknen werden sie in der Werkstatt der Khos gefärbt. "Das ist meine Spezialität", sagt Tin Kho. "Ich kann jede Farbe herstellen und die Federn dementsprechend einfärben", so die 68-Jährige.

Meistens kämen die Kunden mit Stoffmustern oder einem bestimmten Kleid vorbei und wollen sich dazu den passenden Federschmuck anfertigen lassen. "Ich schaue mir den Stoff oder das Kleid an und warte auf Gottes Eingebung. Ohne die geht gar nichts", sagt Tin Kho. Sobald sie eine Idee hat, macht sie sich an die Arbeit. Oft schneidet sie die Federn vorher zu. Für manche Modelle verwendet sie auch nur den blanken Federkiel - je nach "Eingebung". Schicht für Schicht klebt sie die Federn auf einen Haarreifen, oder um eine kleine Styroporkugel. Wie lange sie für die Herstellung eines Modells braucht, kann Tin Kho nicht mit Bestimmtheit sagen. Das hängt davon ab, wie groß der Blumenschmuck werden soll und ob die Federn gut zu verarbeiten sind. Je weicher sie sind, desto schwerer sind sie zu befestigen.

"Am längsten habe ich bisher für das Modell gebraucht, das Camilla Parker Bowles am Tag ihrer Hochzeit getragen hat. Die Blumen bestanden komplett aus Straußenfedern", erzählt Tin Kho. Wie das denn gewesen sei, für die Frau des englischen Kronprinzen den Federschmuck zu designen? "Wir wussten ja gar nichts davon! Es war purer Zufall, dass wir das mitbekommen haben", erzählt Tik Kwie Kho. Ein Bekannter hat die beiden damals angerufen. Daraufhin hätten sie sofort den Fernseher angestellt und tatsächlich - Camilla hatte eine ihrer Blumen auf dem Hut.

Vor allem bei Aufträgen aus dem Ausland verkaufen sie ihre Federblumen nicht direkt an Privatleute, sondern über ihre Vertreter an Designer. Die wiederum kreieren dann anhand des Federschmucks den Hut. "Ich dachte immer, dass die Designer erst den Hut entwerfen und dann den dazu passenden Federschmuck aussuchen, aber es ist fast immer umgekehrt", sagt Tik Kwie Kho. Den Hut von Camilla Parker-Bowles hat der irischen Hutdesigner Philip Treacy entworfen, der schon für Versace und Valentino gearbeitet hat.

Nach der Hochzeit von Camilla und Prinz Charles konnten sich die Khos dann kaum noch retten vor Aufträgen - vor allem aus England. "Die Engländer mögen auffällige Sachen auf dem Kopf. Je größer, desto besser", sagt Tin Kho. Den Deutschen hingegen seien schlichte Kreationen lieber.

Aber die Popularität des Federschmucks hat auch einen Nachteil. In China wurden plötzlich ebenfalls Federblumen produziert, allerdings nicht als Handarbeit, sondern als Massenware. Laut Tin Kho ist die Verarbeitung furchtbar. Die Federn werden nicht richtig aufgeklebt, sodass die Blumen schon nach kurzer Zeit auseinander fallen. Trotzdem seien die Preise eingebrochen. Eine Federblume der Khos koste zwischen fünf und zweihundertfünfzig Euro. "Das ist eigentlich ein Witz, wenn man bedenkt, dass ein fertiger Hut von Philipp Treacy mit unseren Blumen 20.000 Euro kostet", sagt Tik Kwie Kho.

Allein in diesem Jahr haben sie bereits 20 verschiedene Modelle nach England geschickt. Besonders gefragt seien die Farben lila und schwarz gewesen. "Niemand weiß, was Kate tragen wird, alles ist streng geheim. Unsere Vertreter in London wissen nichts und bei Philipp Treacy konnte uns auch niemand etwas sagen", so Tik Kwie Kho. Allerdings gilt die angehende Prinzessin als Fan von Hüten und Federschmuck. Die Khos werden in jedem Fall am 29. April, wenn sich Prinz William und Kate Middleton das Jawort geben, gespannt vor dem Fernseher sitzen. Vielleicht kommt ja der gefiederte Teil ihres Hochzeitskleides aus Freimann.

© sueddeutsche.de - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Münchner Federn
:Königlicher Hutschmuck made in Freimann

Am 29. April heiratet der englische Prinz William endlich seine Kate. Was die Braut tragen wird ist geheim. Vielleicht kommt ihr Federschmuck aus München.

Verena Schälter

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: