Serie: Ein Jahr nach der Wahl, Folge 4:Stimmungs-Macher

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Gefällt sich in seiner Rolle: Maximilian Böltl. (Foto: Robert Haas)

Kirchheims Bürgermeister Maximilian Böltl hat turbulente Monate hinter sich. Für die einen ist er ein Macher, für die anderen ein Polarisierer. Er selbst will sich künftig mehr Zurückhaltung auferlegen

Von Verena Fücker, Kirchheim

Zum Start gab es gleich den Paukenschlag. Nachdem sich Maximilian Böltl (CSU) in der Stichwahl mit 52,1 zu 47,9 Prozent gegen seinen Kontrahenten Stefan Keck (SPD) durchgesetzt hatte, brach er mit einer Tradition: Nach 24 Jahren stellte die stärkste Nicht-Bürgermeisterpartei, in diesem Fall die SPD, zum ersten Mal nicht den Zweiten Bürgermeister. Die Tradition hatte Böltls Vorgänger im Amt Heinz Hilger (VFW) eingeführt. Stattdessen wurde in der konstituierenden Sitzung des Gemeinderats Marianne Hausladen (CSU) zur Zweiten Bürgermeisterin und Gerd Kleiber (FDP) zum Dritten Bürgermeister gewählt. "Erst großartig von Versöhnen statt Spalten reden, und dann so was", ärgerte sich Keck damals.

Auch sonst war im Gemeinderat viel Zwietracht zu erleben. Der Streit um den Standort der Flüchtlingsunterkunft eskalierte. Am Ende standen zwei Optionen zur Auswahl. Die Gemeinderäte konnten sich zwischen dem Grundstück an der Räterstraße, für das sie sich schon mehrmals ausgesprochen hatten, und einem Grundstück zwischen Kirchheim und Heimstetten, auf dem eigentlich das neue Rathaus geplant war, entscheiden. Böltl warb für das Alternativgrundstück, weil er, wie er sagte, den Frieden wieder herstellen wollte. Mit 13 zu 12 Stimmen votierte der Gemeinderat für die Räterstraße. Im Nachhinein zeigt sich Böltl einsichtig: "Beim Standort für das Asylbewerberheim hätte ich früher einen Kompromissvorschlag auf den Tisch bringen müssen. Das ist unnötig eskaliert." Dennoch: Er will weitermachen, "immer die allerbeste Lösung zu suchen und nicht die erstbeste".

Die Opposition im Gemeinderat war von Böltls wiederholten Alternativvorschlägen in der Standortfrage genervt. Besonders stieß der Plan auf, die Unterkunft dort zu bauen, wo laut Ortsentwicklungsplan das neue Rathaus entstehen soll.

Der Ortsentwicklungsplan, der die Gemeindeteile Kirchheim und Heimstetten geografisch verbinden soll, hat den Wahlkampf beherrscht. Und er rückte nach dem Konflikt um die Flüchtlingsunterkunft wieder ins Zentrum des Interesses. Viel ist vergangenes Jahr bei der neuen Ortsmitte nicht passiert. Seit gut 30 Jahren wird an diesem Projekt herumgeplant, und es gab wieder neue Verwicklungen zu beobachten. Böltl hatte sich im Wahlkampf für den Bau eines neuen Rathauses als verbindendes Element zwischen Kirchheim und Heimstetten ausgesprochen. Doch dann plädierte er dafür, das Rathaus aus der Ortsentwicklungsmaßnahme herauszutrennen. "Das ist eine Bankrotterklärung an das gesamte Projekt", warf SPD-Fraktionschef Marcel Prohaska dem Bürgermeister vor. Von Seiten der Grünen wurde das als ein Bruch des "Wahlversprechens" gewertet. Im Gemeinderat bekam Böltl jedenfalls nicht genug Stimmen zusammen, um den Standort des Rathauses an anderer Stelle durchspielen zu lassen. Beendet ist der Streit aber noch lange nicht.

Die Kirchheimer CSU untersucht gerade drei Standorte für eine Umsiedlung des Rathauses und möchte am Ende am liebsten ein Ratsbegehren organisieren, um die Bürger von Kirchheim entscheiden zu lassen. Die SPD hält das jedoch für unzulässig. "Ein Ratsbegehren darf nur bei knappen Entscheidungen eingesetzt werden und eine Frage, ob man sich für einen Standort entscheidet, kann man nicht einfach mit ja oder nein beantworten. Aber genau so hat die CSU die Frage formuliert. Das ist unzulässig", sagt Ewald Matejka (SPD). Man habe in Kirchheim das Gefühl, dass Böltl viel anpacke. Aber das sei nicht schwer, weil Vorgänger Heinz Hilger kaum etwas getan habe, so urteilt die SPD. Im Endeffekt mache Böltl nicht mehr als andere Bürgermeister. Auf einen gemeinsamen Nenner, so scheint es, sind CSU und SPD derzeit nur schwer zu bringen.

Auch um das Bürgerhaus wird mittlerweile heftigst gerungen. An Anlässen, sich Vorhaltungen zu machen, fehlt es nicht: Grünen-Gemeinderat Rüdiger Zwarg, der sich als einer der ärgsten Kritiker von Maximilian Böltl versteht, warf dem Bürgermeister unlängst vor, aus nichtöffentlicher Sitzung Informationen nach außen zu geben. Konstruktives Arbeiten war zuletzt kaum möglich. Damit es bei den großen Baustellen in Kirchheim vorangeht, zu denen nicht zuletzt das Gymnasium zählt, dürfte wichtig werden, wie sich die Atmosphäre im Gemeinderat weiter entwickelt. Böltl hält es durchaus für möglich, dass sich da etwas zum Guten ändert: "Ein besseres Miteinander im Gemeinderat braucht mehr Zeit." Und er gelobt Besserung: "Es fehlt gegenseitiges Vertrauen. Manchmal würde ich mich wohl leichter tun, wenn ich mehr der zurückhaltende Moderator wäre und weniger mit meiner eigenen Meinung vorpresche."

Wobei es Themen gibt, bei denen man an einem Strang zieht. Bei der Sozialgerechte Bodennutzung (SoBoN) etwa herrscht relative Einigkeit. Wenn es nach dem Gemeinderat geht, soll es mehr sozialen Wohnraum für Einheimische geben. Eine Variante der SoBoN als so genanntes "Kirchheimer Modell" soll dabei helfen voranzukommen. Grundstückseigentümer sollen sich an den Folgekosten der Planung beteiligen, die verursacht werden, wenn neues Baurecht entsteht. Das soll sich durch den Wertzuwachs des Grundstücks finanzieren lassen. Die Leistungen der Eigentümer sollen ein wirtschaftlich vertretbares Maß nicht überschreiten. Mit dem eingenommen Geld will dann die Gemeinde wieder Bebauungspläne schaffen, deren Finanzierung für sie alleine schwer gewesen wäre. Dadurch kann wieder Baurecht entstehen.

Beim Themenfeld "Moderne Infrastruktur und mehr Lärmschutz", einem der fünf Pfeiler in Böltls einstigem Wahlkampfprogramm, geht einiges voran. Seit Ende März werden an der A99 nördlich der Anschlussstelle Kirchheim Lärmschutzwände aufgebaut. Mitte Juni soll südlich ein Wall mit aufgesetzter Lärmschutzwand errichtet werden.

© SZ vom 09.05.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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