Fröttmaninger Heide:Lange Leine

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Ein Ort zur Erholung für Mensch und Hund soll die Fröttmaninger Heide in großen Zonen werden. So will es der Münchner Stadtrat. (Foto: Alessandra Schellnegger)

Die Stadt München will Anwohnern und Hundehaltern bei der Ausweisung des Naturschutzgebiets in der Fröttmaninger Heide mehr Rechte einräumen. Der Landkreis dagegen unterstützt die harte Linie der Regierung

Von I. Hilberth, T. Kronewiter und S. Mühleisen, Landkreis

Wäre der Beschluss des Münchner Stadtrats bereits das Ende des Verfahrens, könnten Hundefreunde in Freimann und aus der näheren Umgebung schon einmal die Sektkorken knallen lassen. Denn nach mehrmals verschobenem Termin, reichlich Hintergrundgesprächen und einem fraktionsübergreifenden Kompromiss von CSU, SPD, Fraktion Freiheitsrechte, Transparenz und Bürgerbeteiligung, Bürgerlicher Mitte, ÖDP und Linker dringt die Stadt München auf erhebliche Zugeständnisse bei der geplanten Ausweisung des Naturschutzgebiets in der Fröttmaninger Heide zugunsten der Anwohner. Damit vertritt die Stadt eine ganz andere Haltung als der Landkreis, auf dessen Terrain mit den Gemeinden Garching und Oberschleißheim ein Teil des etwa 347,3 Hektar großen Gebietes liegt.

Ende September hatte sich der Umweltausschuss des Landkreises München mit seiner Zustimmung des damals vorliegenden Erlasses der Regierung von Oberbayern auf noch wesentlich engere Regelungen zugunsten des Naturschutzes geeinigt. Demnach sollten vor allem Hundebesitzer sich an strenge Auflagen halten, wollen sie das Areals gemeinsam mit ihren Tier nutzen. Nach der vom Landkreis mitgetragenen Regelung sollte es Herrchen und Frauchen in der Schutz- und Umweltzone nur erlaubt werden, die Hunde an der kurzen Leine auf den Wegen zu führen.

Geht es jetzt aber nach dem Münchner Stadtrat, sollen nun vor allem die Erholung suchenden Anwohner und Anlieger mit Hunden profitieren. Ihnen will die Stadt weit entgegenkommen - etwa durch eine 35 Meter tiefe Zone entlang des kompletten Südrands der Heideflächen, welche Besucher künftig frei betreten können sollen. Wer einen Hundeführerschein macht, soll die Zonen, die dem freien Betreten und dem Heideerlebnis vorbehalten sind, künftig mit frei laufendem Hund aufsuchen können. Im Schutzgebiet wäre nur mehr eine bis zu vier Meter lange (statt der ganz kurzen) Leine vorgesehen. Das Betreten der Erlebniszonen nach der Brutzeit auch außerhalb der festen Wege wäre schon vom sommerlichen August statt erst vom Herbstmonat Oktober an möglich.

Die Initiatoren des Konzepts begründen dieses Votum mit dem Versuch, Akzeptanz in der Bevölkerung zu erreichen. "Ein generelles Aussperren ist der falsche Weg", sagte Stadträtin Evelyne Menges (CSU), die als Tierschutzbeauftragte ihrer Fraktion den Kompromiss maßgeblich mit vorangetrieben hat. Auch SPD-Kollege Klaus Peter Rupp sprach von einem "guten Kompromiss", der sowohl dem Erholungsbedürfnis der Münchner als auch den Naturschutzanforderungen gerecht werde.

Wie tief die Befürworter eines stärkeren Naturschutzes getroffen sind, zeigt der Einsatz von Werner Lederer-Piloty (ebenfalls SPD), Vorsitzender des Bezirksausschusses Schwabing-Freimann. Er hatte schon in der Sitzung den Vorschlag kritisiert. Am Tag nach der Entscheidung ist sein Ärger längst nicht verraucht. "Da hält die verblendete Hundenärrin Menges von der CSU ein absurdes Stöckchen hin", sagte er, "und da springt die SPD-Fraktion - fachlich völlig unreflektiert - mit dünnster Argumentation drüber." Was als bürgerfreundlicher Kompromiss verkauft werde, sei "ein unseliges Klammern am Fraktionsfrieden".

Entschiedene Gegner der jetzt vorgeschlagenen Regelung sind auch die Grünen. "Der Beteiligungsprozess wird mit den Füßen getreten", sagte Stadträtin Sabine Krieger. Über Jahre hätten sich alle Münchner, die mitmachen wollten, in einem moderierten Verfahren einbringen können. Der dort erarbeitete Kompromiss sei gut, werde aber nun untergraben. Und dem Bund Naturschutz zufolge werde das Naturschutzgebiet nun auf eine "reine Hundewiese" reduziert.

Auch unter den Kreisräten hatte es kaum Fürsprecher für die Hundebesitzer gegeben. Einige Ausschussmitglieder bezeichneten sogar frei laufende Hunde prinzipiell als problematisch. So erinnerte der Oberhachinger Erwin Knapek (SPD) an seine Zeit als Unterhachinger Bürgermeister, in der er allein drei gerissene Schafe im Landschaftspark beklagen musste. Nikolaus Kraus von den Freien Wählern teilte im Ausschuss diese Ansicht. Er war der Meinung: "Ein Hund folgt einfach seinem Jagdinstinkt. Das Problem bekommt man nur mit Leinenzwang in den Griff."

Ob es so kommt, wie es der Münchner Stadtrat will, hängt von der Regierung von Oberbayern ab. Die hat nun alle Stellungnahmen zu würdigen und einen endgültigen Verordnungstext zu formulieren.

© SZ vom 23.10.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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