Erinnerung:"Großes Unrecht"

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Ein stilisiertes Tor und eine Tafel: Bürgermeister Stefan Straßmair enthüllt das Mahnmal auf dem Gelände der ehemaligen Munitionsfabrik. (Foto: Claus Schunk)

Mit der Enthüllung eines Gedenksteins erinnert Hohenbrunn am 70. Jahrestag des Kriegsendes der Zwangsarbeiter in der Munitionsanstalt

Von Claudia Engmann, Hohenbrunn

"Denkmäler gibt es, weil zu spät gedacht wurde." Mit nachdenklichen Worten hat Vize-Landrat Ernst Weidenbusch (CSU) am Freitag in Hohenbrunn an die Opfer der NS-Gewaltherrschaft erinnert. Der Landtagsabgeordnete sprach in Vertretung von Landrat Christoph Göbel zum 70. Jahrestag des Kriegsendes bei der Enthüllung eines Gedenksteins für die Zwangsarbeiter, die während des Zweiten Weltkriegs in der Heeresmunitionsanstalt (Muna) bei Hohenbrunn ausgebeutet und getötet wurden.

Zeitweise mehr als 4000 Menschen fertigten zwischen 1938 und 1945 in dem Wald zwischen Hohenbrunn und Höhenkirchen Munition für die Wehrmacht, unter ihnen waren viele Zwangsarbeiter und sogar Kinder. Mit einer "stillen Stunde" gedachte die Gemeinde am Freitagvormittag der Opfer. In seiner Rede sagte der stellvertretende Landrat: "Wer mit dem Gejohle der rechten Rassisten bei der Eröffnung der NS-Dokumentationszentrums in München vor wenigen Tagen konfrontiert wurde, der weiß: Jeder Gedenkstein ist wichtig, denn so etwas wollen wir nie wieder haben."

Das Denkmal soll laut Weidenbusch an das "große Unrecht" erinnern, das den Zwangsarbeitern in der Muna angetan wurde, und an all jene Menschen, deren Würde verletzt wurde. Die 110 Bunker in der Muna seien zwar zugeschüttet worden, sagte Weidenbusch, "aber unser Empfinden für das geschehene Unrecht nicht." Der Stellvertreter des Landrats dankte ausdrücklich dem vor drei Jahren vom damaligen Hohenbrunner Pfarrer Christoph Nobs gegründeten Arbeitskreis, der sich mit der Geschichte Hohenbrunns seither auseinandersetzt. Dieser habe ein "Tor zur Erinnerung" geschaffen. In einer Schweigeminute gedachten die Anwesenden der Zwangsarbeiter und Toten.

Das einem Tor nachempfundene Denkmal steht im heutigen Industriegebiet Hohenbrunns an der Ecke Siegertsbrunner Straße und Georg-Knorr-Straße, auf dem Gelände der ehemaligen Muna. In der offenen Tür ist eine Tafel mit folgendem Text angebracht: "Auf diesem Gelände befand sich von 1938 bis 1945 die Heeresmunitionsanstalt der Deutschen Wehrmacht (Muna). Hohenbrunn erinnert an die hier unter unmenschlichen Bedingungen eingesetzten deutschen und ausländischen Zwangsarbeiter. Es wurden ganze Familien von "Ostarbeitern" hierher verschleppt und Kinder getrennt von ihren Angehörigen im Lager interniert. Vom zehnjährigen Kind bis zur Greisin wurden diese Menschen zur Arbeit in der Munitionsfabrik gezwungen. Viele überlebten das Lager nicht, Kinder verhungerten. Ausbeutung und Rassismus verletzten die Menschenwürde zutiefst."

Wegen der frühen Stunde der Gedenkveranstaltung nahmen an dieser allerdings nur etwa 75 Bürger teil, was am Ort und auch auf der Veranstaltung selbst auf Bedauern stieß. So blieben Vertreter der Gemeinde und des Gemeinderats mit einigen interessierten Bürgern weitgehend unter sich, unter ihnen Bürgermeister Stefan Straßmair, die dritte Bürgermeisterin Regina Wenzel (SPD) sowie die SPD-Kreisvorsitzende Bela Bach und die weitere Landratsstellvertreterin Annette Ganssmüller-Maluche, auf deren Partei die Initiative für den Gedenkstein zurückgeht.

© SZ vom 09.05.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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