Verurteilter Rechtsterrorist:Neonazi W. kommt unter Aufsicht

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Bald hat er seine Haft abgesessen: Im September kommt der verurteilte Neonazi Martin W. frei. Dann steht er erst einmal unter besonderer Beobachtung. Denn an seiner Gesinnung hat sich während der Haft nichts geändert.

Christian Rost

Der im Mai 2005 als Rädelsführer einer terroristischen Vereinigung verurteilte Neonazi Martin W. wird nach seiner bevorstehenden Haftentlassung am 8. September unter Führungsaufsicht gestellt. Nach einem Beschluss des Oberlandesgerichts München muss sich der 35-Jährige für die Dauer von fünf Jahren von seinen Kumpanen aus der rechtsextremen Szene fernhalten und den Weisungen eines Bewährungshelfers fügen. W. und acht weitere Mitglieder der rechtsextremistischen "Kameradschaft Süd" waren wegen eines geplanten Anschlags bei der Grundsteinlegung für das Jüdische Gemeindezentrum vor Gericht gestellt und teils zu hohen Haftstrafen verurteilt worden.

Nach Ansicht der Staatsanwaltschaft entschlossen, "Mord und Totschlag zu begehen": Martin W., der Anführer der rechtsextremistischen "Kameradschaft Süd", während des Münchner Terror-Prozesses im Jahr 2005. (Foto: ddp)

W. wurde zwei Monate vor dem geplanten Attentat festgenommen. Er hatte Waffen und Sprengstoff besorgt und mehrmals davon gesprochen, die Veranstaltung am 9. November 2003 am St.-Jakobs-Platz zu "sprengen" oder mit "Granaten" zu beschießen. Der Staatsschutzsenat des Gerichts konnte zwar keine hinreichende Konkretisierung der Pläne erkennen, betonte aber, dass eine von W. offenbar nach SA-Vorbild gegründete Schutzgruppe (SG) entschlossen war, "Mord und Totschlag zu begehen".

Im Verlauf des Verfahrens, in dem die Bundesanwaltschaft die Anklage führte, knickten mehrere Beschuldigte ein und gestanden die Pläne. Sie sagten, W. habe den Sprengstoff für das Attentat beschafft. Er bestritt die Vorwürfe.

Briefe unterschrieb er mit "Heil Hitler"

Nach sieben Monaten Prozess wurde der aus Vorpommern stammende Mann zu sieben Jahren Haft verurteilt. Er nahm den Richterspruch sofort an. Seither sitzt er in der Justizvollzugsanstalt St. Georgen-Bayreuth ein.

Am 8. September 2010 wird W. als letzter der im Terror-Prozess Verurteilten aus dem Gefängnis entlassen, wie Justizsprecherin Margarete Nötzel der SZ bestätigte. Damit hat der Neonazi seine Strafe komplett verbüßt. Seine Gesinnung hat er in der Zeit offenbar nicht geändert. In der Haft hetzte er in Briefen über die "Judenrepublik", die er "platt machen" werde, und unterschrieb mit "Heil Hitler".

Als er 2008 beantragte, das letzte Drittel seiner Haftstrafe zur Bewährung auszusetzen, scheiterte er erwartungsgemäß. Das Oberlandesgericht entschied, dies sei "unter Berücksichtigung des Sicherheitsinteresses der Allgemeinheit" nicht zu verantworten. Wieses Einstellung sei nach wie vor von nationalsozialistischem Gedankengut geprägt. Ein "charakterlicher Wandel" sei nicht erkennbar und weitere Straftaten seien zu befürchten, so das Gericht.

Bis 2015 steht W. unter besonderer Beobachtung der Richter: Die Führungsaufsicht wird sowohl zum Schutz vor gefährlichen Straftätern wie auch als Mittel zur besseren Resozialisierung verhängt. Ein Kontaktverbot zur rechten Szene besteht auch bei Karl-Heinz S. Der frühere Adlatus W. war im Terror-Prozess zu vier Jahren und drei Monaten Haft verurteilt worden war. Im Juni saß der 29-Jährige erneut auf der Anklagebank. Er soll sich mit Neonazis am Marienplatz getroffen haben. Mangels Beweisen - zwei Polizisten konnten sich im Zeugenstand an die Umstände nicht erinnern - wurde S. freigesprochen.

Ein führender Münchner Neonazi sitzt unterdessen seit knapp zwei Wochen wegen gefährlicher Körperverletzung in U-Haft. Der 22-jährige Philipp Hasselbach hat laut Staatsanwaltschaft seine Ex-Lebensgefährtin verprügelt.

© SZ vom 14.08.2010 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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