Bürgermeister ändert Meinung:Der Ottobrexit ist abgesagt

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Ottobrunn wollte das Ariane-Städtebündnis mit Rom, Madrid und Toulouse verlassen, weil Airbus seinen Beitrag in Höhe von 5000 Euro gestrichen hat. Doch jetzt bahnt sich eine Lösung an, die den Austritt verhindern könnte

Von Martin Mühlfenzl, Ottobrunn

Es ist eine illustre Runde, in der sich Ottobrunn befindet: Rom, Madrid, Toulouse, Sevilla, Bremen, Bordeaux und Barcelona sind Partner der flächenmäßig kleinsten Landkreiskommune im Ariane-Städtebund. Und die Gemeinde Hardthausen am Kocher im Landkreis Heilbronn ist auch dabei. Deren Bürgermeister Harry Brunnet, passenderweise mit einem französisch klingenden Namen gesegnet, hat sich jetzt bei Ottobrunns Rathauschef Thomas Loderer (CSU) mit einer eindringlichen Bitte gemeldet: Ottobrunn, fleht Brunnet, möge die "Communauté des Villes Ariane" - also den Ariane-Städtebund, dessen Vorsitzender er ist - doch bitte nicht verlassen. Das Signal, mahnte Brunnet, wäre fatal für die Gemeinschaft. Der Bürgermeister von Hardthausen reagiert damit auf eine Beschlussempfehlung der Ottobrunner Gemeindeverwaltung.

Dass diese überhaupt zustande kam, wenn sie auch mittlerweile eher wieder vom Tisch ist, liegt am in Ottobrunn ansässigen Unternehmen Airbus, vormals European Aeronautic Defence and Space Company (EADS). Um diesen Konzern dreht sich alles beim Ariane-Städtebund. Im Jahr 1998 war der Bund als Netzwerk jener Städte und Regionen gegründet worden, auf deren Territorium Unternehmen an der Entwicklung und Produktion der europäischen Trägerrakete Ariane beteiligt sind. Im Falle Ottobrunns ist das die sogenannte Division Airbus Defence and Space, in der die alten EADS-Unternehmensbereiche Cassidian, Astrium und Airbus Military zusammengefasst sind. Im Hardthausener Ortsteil Lampoldshausen befindet sich wiederum ein Testgelände für Raketentriebwerke.

Thomas Loderers Vorgängerin Sabine Kudera (SPD) hatte Ottobrunn in den Neunzigerjahren in den Städtebund geführt. Wieso der amtierende Rathauschef seine Gemeinde nun wieder aus dem Bündnis herauslösen wollte, ist leicht erklärt. Erstens, sagt er, sei die Mitgliedschaft in den vergangenen Jahren eher einer "ruhenden" gleichgekommen. "Ich erhalte immer eine Flut von Mails aus dem Büro des Städtebundes. Der hat eine hoch professionelle Organisation", sagt Loderer. "Aber ich habe als Bürgermeister des kleinen Ottobrunn nicht die Zeit, um das alles zu lesen oder zu beantworten. Der Bürgermeister von Madrid hat dafür Angestellte."

Der eigentliche Auslöser für den geplanten Rückzug von Ottobrunn aber war die Ankündigung von Airbus, der Gemeinde ihre bisherige Unterstützung beim Mitgliedsbeitrag für das Städtebündnis zu streichen. Etwa 5000 Euro hatte der Konzern bisher für Ottobrunn bezahlt, die Kommune selbst war stets mit 1500 Euro dabei. "Der Wegfall der Unterstützung wurde mit Compliance begründet", sagt Bürgermeister Loderer, "was auch immer das heißt". Die Anführung dieses betriebswirtschaftlichen Begriffs, übersetzt mit "Regelkonformität", hatte Anfang des Jahres bereits die Ottobrunner Nachbargemeinde Taufkirchen zum Austritt aus dem Ariane-Städtebund bewogen.

Nach dem Anruf des Hardthausener Bürgermeisters Brunnet bei Thomas Loderer ist es aber eher unwahrscheinlich, dass Ottobrunn nun diesem Beispiel folgen wird. "Er hat mir sehr klar gemacht, welche Bedeutung der Städtebund für seine Gemeinde hat und für meine haben kann. Und natürlich auch für Airbus als Arbeitgeber", sagt Loderer. Mittlerweile stehe er - "nach vielen Versuchen und Umwegen" - mit den zuständigen Mitarbeitern des Konzerns in Verbindung. "Und Airbus hat uns in Aussicht gestellt, dass sie ihre Meinung noch einmal ändern könnten. Dann wäre der Austritt für mich auch erledigt", sagt Loderer.

Der Städtebund ist mehr als nur ein repräsentativer Zusammenschluss unterschiedlicher Städte und Gemeinden. Er organisiert Schüleraustauschprogramme, interkulturelle Programme, wissenschaftliche Seminare und Bildungsreisen auch und gerade für Kinder, Jugendliche und Studenten. An letztere richtet sich auch die sogenannte Sommerschule, ein Studienprogramm, bei dem auch der Weltraumbahnhof Kourou in Französisch-Guayana besucht werden kann. "Es ist eine Fülle an Aktivitäten. Wir wollen unsere Mitgliedschaft im Städtebund wieder aktivieren", sagt Loderer. Davon könne die Gemeinde Ottobrunn nur profitieren. Hardthausen gilt da als leuchtendes Beispiel unter all den großen Namen.

© SZ vom 28.06.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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