Ayings Jahrhundertbaum:Denkmal mit Zukunft

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Die Winterlinde in Großhelfendorf ist ein geschütztes Naturdenkmal und prägt den Ort. (Foto: Claus Schunk)

Die Winterlinde steht für die Beziehung des Menschen zur Natur. Sie könnte im Klimawandel an Bedeutung gewinnen

Von Bernhard Lohr

Wer alt werden will, muss in der Regel einiges wegstecken können. Das gilt für Menschen, für Tiere und auch für den einen oder anderen stattlichen Baum. Als solcher darf die Winterlinde in Großhelfendorf in der Gemeinde Aying mit ihren 6,42 Meter Stammumfang auf jeden Fall gelten. Und wer, wie die als offizielles Naturdenkmal eingestufte Linde an der Kreuzung Glonner Straße/Römerstraße, weit mehr als 100 Jahre auf dem Buckel hat, den schmeißt auch so ein Ereignis wie im April 2012 nicht um. Damals krachte ein Lieferwagen gegen die Dorflinde. Kurzzeitig machte man sich Sorgen um den Seniorbaum. Mittlerweile hat er sich gut erholt.

Die Winterlinde in Großhelfendorf ist eine von drei mehrere Jahrhunderte alten Linden, die es im Gemeindegebiet Aying gibt. Und wenn alles normal läuft, dann prägen diese Bäume auch im Jahr 2116 die Orte. Für Martin Hänsel, stellvertretenden Geschäftsführer der Kreisgruppe München im Bund Naturschutz, ist die Linde eine "besondere Baumart". Sie ist der Baum, dessen Silhouette das Logo der Naturschutzorganisation bildet. Und es ist auch ein Baum, der in besonderer Weise für die Verbindung von Mensch und Natur steht. Die Dorflinde bildet nicht nur in Aying noch den Ortsmittelpunkt. Unter Linden wurde in Vorzeit schon Gericht gehalten. Die Linde wurde angeblich als Gerichtsort gewählt, weil der von ihren Blüten ausströmende süßliche Duft die Richter milde stimmen sollte.

Heute steht die Linde freilich beim BN symbolisch für einen verantwortungsvollen Umgang mit der Natur. Und das heißt nun vor allem auch: Für ein Engagement für Klimaschutz, der die Wälder, so wie man sie derzeit im Raum München noch kennt, gefährdet. Der Umbau der Wälder weg von Fichten hin zu Laubbäumen läuft, die mit längeren Trockenperioden im Sommer besser umgehen können. Die robuste Linde könnte in Zukunft Hänsel zufolge dazu beitragen, die Lebensqualität trotz Verdichtung, Versiegelung von Flächen und steigender Temperaturen im Münchner Umland zu erhalten. In mehreren Untersuchungen wird der Baum des Jahres wegen seiner erhöhten Wärme- und Trockentoleranz in Zeiten des Klimawandels zu den Gewinnern unter den Baumarten auserkoren. Für trockene bis sehr trockene Böden sei die Winterlinde sehr gut geeignet, konstatierten Andreas Roloff und Britt Grundmann in einer breit angelegten Untersuchung, die in der Allgemeinen Forstzeitschrift für Waldwirtschaft und Umweltvorsorge publiziert wurde.

Martin Hänsel vom Bund Naturschutz hat erst kürzlich auf einer Tagung eine Studie der TU München beeindruckt, mit der am Beispiel der Stadt Manchester gezeigt wird, mit welchen Temperaturen angesichts des Klimawandels im Jahr 2080 gerechnet wird; und zwar bei gleichbleibendem Grünanteil mit 4,6 Grad plus und bei zehn Prozent mehr Grün mit nur 0,6 Grad mehr. Begrünte Dächer, grüne Fassaden, und mehr Grün im Straßenraum: im Jahr 2080 wären ein Gewinn - gerne mit dem Baum des Jahres 2016.

© SZ vom 29.08.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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