Landgericht München:Verbrechen zur Volljährigkeit

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Der Fall hatte schon vor der Verhandlung für Aufsehen gesorgt: Ein mutmaßlicher Vergewaltiger musste aus der U-Haft entlassen werden. An seinem 18. Geburtstag soll ein Schüler eine 33-jährige Angestellte vergewaltigt haben. Jetzt hat der Prozess in München begonnen.

Von Andreas Salch

Vor der Jugendkammer am Landgericht München I hat am Dienstag der Prozess gegen einen Schüler begonnen, der an seinem 18. Geburtstag eine 33-jährige Angestellte vergewaltigt haben soll. Die Tat geschah im Juli vor einem Jahr im Keller eines Hauses in der Goethestraße. Die Verhandlung findet unter Ausschluss der Öffentlichkeit statt. Noch vor Verlesung der Anklage stellte Rechtsanwalt Ulrich Ziegert einen entsprechenden Antrag, den er damit begründete, dass die psychosoziale Entwicklung seines Mandanten noch nicht abgeschlossen sei.

Die Verhandlung erregte im Vorfeld Aufsehen, da das Oberlandesgericht München die Entlassung des inzwischen 19-jährigen aus der Untersuchungshaft anordnete - er hatte knapp ein Jahr in der Justizvollzugsanstalt Stadelheim eingesessen. Grund hierfür war ein Beschluss des Bundesverfassungsgerichts. Nach Überzeugung der Karlsruher Richter dauerte es zu lange, bis der mutmaßliche Täter vor Gericht gestellt wurde. Dem Schüler sei nicht zuzumuten, länger als "angemessen" in Untersuchungshaft zu verbringen, nur weil es der Freistaat Bayern versäume, seiner "Pflicht zur verfassungsmäßigen Ausstattung der Gerichte" nachzukommen. Ein Sprecherin des Oberlandesgerichts betonte, dass die Richter nicht zu langsam arbeiteten, sondern es zu wenig Personal gebe.

Die Staatsanwaltschaft hatte bereits im Januar Anklage erhoben. Im April wurde die Anklage von der 1. Jugendkammer zur Hauptverhandlung zugelassen. Ursprünglich hätte der Prozess am 14. Oktober beginnen sollen. Dann aber wurde der Verhandlungsauftakt auf den Dienstag dieser Woche vorverlegt.

Kurz vor 10 Uhr betrat der 19-Jährige gemeinsam mit seinem Verteidiger den Saal B 177 am Strafjustizzentrum. Dort warteten mehrere Kamerateams und Pressefotografen. Der schmächtige, etwa 1,60 Meter große Schüler verbarg sein Gesicht hinter einem grauen Ordner und nahm auf der Anklagebank Platz.

Die mutmaßliche Tat, für die sich der junge Mann verantworten muss, geschah in den frühen Morgenstunden des 7. Juli 2013. Die Marketing-Angestellte befand sich gerade auf dem Weg nach Hause. Als die 33-Jährige den Flur des Hauses in der Goethestraße, in dem sie wohnte, betrat, soll ihr der Schüler hinein gefolgt sein. Auf ihre Frage, was er hier wolle, soll er geantwortet haben, dass er ebenfalls hier wohne.

Als die 33-Jährige in den Lift stieg, habe ihr der Angeklagte ins Gesicht gefasst, ihr den Mund zugehalten und sie gewürgt. Bei diesem Angriff soll die Frau eine Kontaktlinse verloren haben. Der Schüler soll der Frau anschließend in die Hose gegriffen haben, und obwohl die Angestellte sich heftig wehrte und schrie, soll es dem Angeklagten gelungen sein, mit einem Finger in sie einzudringen. Um nicht von Bewohnern des Haues entdeckt zu werden, zerrte der Schüler die Frau angeblich in den Keller des Haues, wo er sie auf den Boden gestoßen haben soll.

An den Haaren in den Keller gezerrt

Dort soll er sein Opfer aufgefordert haben, die Hose auszuziehen. Anschließend soll er sich mehrmals an der 33-Jährigen vergangen haben und sie an den Brüsten geküsst haben. Später habe der Angeklagte die 33-Jährige an den Haaren in den hinteren Teil des Kellers gezerrt und sie weiter vergewaltigt. Erst als die Frau vorgab, sie müsse sich übergeben und auf die Toilette, soll der Schüler von ihr abgelassen haben und mit der 33-Jährigen in den Hinterhof des Anwesens gelaufen sein.

Im Erdgeschoss gelang es der Frau, sich loszureißen. Da die Angestellte aus Leibeskräften schrie, wurden Passanten auf sie aufmerksam. Doch noch bevor sie ganz hinaus auf die Goethestraße laufen konnte, soll sie der Schüler eingeholt und erneut zu Boden gerissen haben. Sein Versuch, die 33-Jährige wieder zurück in den Hausflur zu schleifen, scheiterte jedoch - die Türe war ins Schloss gefallen. Bei seinem Versuch, diese zu öffnen, habe sich das Opfer endgültig losreißen und fliehen können. Als der Schüler die Passanten auf der Straße gesehen habe, sei er geflohen.

Dem Vernehmen nach hat der 19-Jährig die Vorwürfe aus der Anklage während der Ermittlungen weitgehend eingeräumt. Zur Urteilsverkündung wird das Gericht die Öffentlichkeit zulassen.

© SZ vom 10.09.2014 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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