Länder springen ein:Verschnaufpause

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Vom Zug in den Bus zur Aufnahmeeinrichtung ging es für die aus Ungarn angekommenen Flüchtlinge nach einer Pause im Bahnhof. (Foto: Robert Haas)

Die Regierung von Oberbayern ist stolz, den Ansturm bewältigt zu haben. Bis zum Jahresende werden insgesamt 60 000 Flüchtlinge erwartet

Von Sven Loerzer, München

Es war, ohne Zweifel, eine ganz außergewöhnliche Leistung aller Beteiligten, die zunächst in Ungarn gestrandeten Flüchtlinge in München in aller Schnelle mit dem Nötigsten zu versorgen: Die binnen 32 Stunden angereisten 3300 Asylbewerber seien alle "aufgenommen, medizinisch versorgt und in Aufnahmeeinrichtungen in Bayern sowie in andere Bundesländer weitergeleitet worden", berichtete der Präsident der Regierung von Oberbayern, Christoph Hillenbrand am Mittwoch und freute sich darüber, wie "hochprofessionell Hand in Hand zugunsten der strapazierten Asylbewerber zusammengearbeitet" worden sei. Inzwischen habe sich die Lage deutlich entspannt, zog der Regierungspräsident bei einer Lagebesprechung zusammen mit Vertretern anderer Behörden am Mittwoch Bilanz. Im Verlauf des Mittwochs rechnete man noch einmal mit etwa 500 Flüchtlingen aus Ungarn.

In der Runde zusammen mit Vertretern der Landes- und Bundespolizei, der Landeshauptstadt und der Münchner Berufsfeuerwehr sowie der Bahn zollte Hillenbrand allen beteiligten Stellen und den vielen ehrenamtlichen Helfern großen Dank und Anerkennung für ihren Einsatz. Zunächst sieht es nach einer Verschnaufpause aus, es seien keine "über die üblichen Zugänge am Hauptbahnhof hinausgehenden Ankünfte angekündigt", erklärte Hillenbrand. "Wir werden die Zeit nutzen, um uns zu konsolidieren und Kapazitäten zu schaffen."

Bisher lag die Höchstzahl der Ankünfte von Asylbewerbern pro Tag in München bei knapp unter 1000. Sie ist am Dienstag durch die überraschende Ausreise von Flüchtlingen aus Ungarn bei weitem übertroffen worden. In der Münchner Aufnahmeeinrichtung, der Bayernkaserne mit ihren jeweils vier Dependancen inner- und außerhalb der Stadt, wären die Flüchtlinge trotz der rund 5000 Plätze nicht mehr unterzubringen gewesen, zumal Ende August knapp 4000 davon belegt waren.

Insgesamt 21 Busse mit Asylbewerbern schickte die Regierung von Oberbayern im Rahmen des "Bayernausgleichs" in andere bayerische Regierungsbezirke. 200 Personen nahm das Bundesland Baden-Württemberg auf. Rund 300 Personen wurden vorerst in einer Notfallunterkunft im Landkreis München, eine Tennishalle in Grasbrunn, einquartiert. Dies sei notwendig gewesen, um das Ankunftszentrum für Asylbewerber zu entlasten und aufnahmefähig zu halten. Auf weitere Unterstützung kann die Regierung von Oberbayern bei Hessen, Thüringen und Niedersachsen zählen. Etwa 200 Flüchtlinge hat die Regierung am Mittwochmorgen in Bussen nach Hessen bringen lassen. Thüringen kündigte an, 50 bis 60 Flüchtlinge aufzunehmen. Nach Darstellung der Regierung von Oberbayern sind die Bundesländer Thüringen und Niedersachsen bereit, bei bestehenden Kapazitätsengpässen jeweils bis zu 200 Flüchtlinge unterzubringen.

Die Regierung von Oberbayern hatte sich auf der Grundlage der jüngsten Prognose vom 19. August ohnehin schon auf einen deutlichen Anstieg der Flüchtlingszahlen eingestellt. Im Regierungsbezirk werden demnach statt 42 000 Asylbewerber, wie noch im Mai erwartet, nun bis Jahresende mehr als 60 000 ein Quartier benötigen. Nach den festgelegten Quoten muss München Plätze für 18 000 davon bieten. Spätestens Ende September bis Mitte Oktober muss die Stadt damit rechnen, dass sie statt 352 dann 480 von der Regierung zugewiesenen Flüchtlingen pro Woche einen Schlafplatz bieten muss. Damit die Münchner Aufnahmeeinrichtung ihren Zweck erfüllen kann, verfährt die Regierung nach dem Prinzip "Zugang gleich Abgang": Bei steigenden Zugangszahlen erhöht sie die Zuweisung von Flüchtlingen an die Landkreise und kreisfreien Städte.

So wird auch der Feriensenat des Stadtrats am Mittwoch, 9. September, wieder einen Standortbeschluss für neue Unterkünfte fassen. Zuletzt hatte der Stadtrat Leichtbauhallen genehmigt, die bereits bestellt sind. Die ersten Hallen sollen im Oktober aufgestellt werden.

© SZ vom 03.09.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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