Ladenschluss 23 Uhr:Als Kunde freue ich mich darüber

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"Nachts sind alle Regeln grau" sowie die Pro-und-Contra-Kommentare "Doppelt überheblich" und "Die Arbeitswelt hat sich verändert" (14. Oktober) und die Leserbriefe "Früh planen oder spät kaufen" vom 17. Oktober:

Im Münchner Hauptbahnhof gibt es jetzt einen Edeka-Markt, der täglich bis 23 Uhr und auch am Wochenende geöffnet hat. Das bisherige Privileg der Flugreisenden und Autofahrer (Tankstellen) gilt jetzt auch für Bahnreisende. Und das kritisiert Verdi-Funktionär Thiermeyer laut SZ: Eine Aufweitung des Ladenschlusses verdränge die kleinen und mittleren Unternehmen zu Gunsten der Großkonzerne. Der SZ-Artikel selbst zeigt aber das genaue Gegenteil: Im Münchener Hauptbahnhof öffnet eben gerade kein Großkonzern, sondern eine Händlerin mit gerade einmal drei Läden (einschließlich Hauptbahnhof). Damit sie wirtschaftlich gegen die Großkonzerne bestehen kann, hat sie sich einer Genossenschaft kleiner Einzelhändler angeschlossen. Und der Kiosk an der Münchner Freiheit ist sicher auch kein Großunternehmen. Im Gegenteil: Als in meiner Heimatstadt Berlin die Ladenschlussvorschriften gelockert wurden, haben die kleinen Händler profitiert und die Nischen besetzt, während die großen Händler, von Aldi bis Karstadt, zunächst an den alten Öffnungszeiten festgehalten haben. In Berlin hat die Lockerung den kleinen Händlern genützt, und in München scheint dies, wie die SZ-Beispiele zeigen, genauso zu sein.

Herr Effern irrt, wenn er in seinem Kommentar meint, dass die Verkäufer davor geschützt werden müssten, eine Arbeit zu machen, die sie freiwillig nicht machen wollen. Das geht am Münchner Arbeitsmarkt völlig vorbei. In meiner Heimatstadt Berlin können sich die Arbeitgeber aus der großen Zahl Arbeitssuchender willfährige neue Mitarbeiter aussuchen. In München können sich die Arbeitnehmer ihren Arbeitgeber aussuchen. Sie können selbst entscheiden, was, wo und wann sie arbeiten wollen, und sie brauchen dafür keinen Vormund. Für Funktionäre von Gewerkschaften wie von Verwaltungen sind bürokratische Großstrukturen übersichtlicher, für Mitarbeiter scheinen aber kleinteilige selbständige Einheiten mit ihren flachen Hierarchien und ihrer Flexibilität offenbar deutlich attraktiver. Und als Kunde freue ich mich über den neuen Edeka im Hauptbahnhof. Stefan Handke, Ismaning

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© SZ vom 19.10.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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