"La Brass Banda":Men in Blech

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Bayrische Volksmusik als Clubmusik: Die Combo "La Brass Banda" blickt auf ein überaus erfolgreiches Jahr zurück.

Dirk Wagner

5. Februar 2008: "Endlich Fasching!", jubelt Intim-DJ Captain Schneider alias Hias Schaschko in der Registratur. Ausgelassen tanzen die Partygäste an diesem Rosenmontag zu Schaschkos eigenwilligem Gemisch aus tanzbaren Kuriositäten, als plötzlich drei Blechbläser die Tanzfläche erobern. Straßenmusikergleich stehen sie inmitten der tanzenden Menge, die den Rhythmus zur Musik euphorisch mitklatscht, derweil unbemerkt Schlagzeuger und Bassist die Bühne betreten. Plötzlich überhöhen diese den Sound mit fettem Bass und zusätzlichen Beats.

Tourneen auf Mopeds, alten Traktoren und Holzskiern: Die Chiemgauer Blasmusik-Truppe "La Brass Banda" spielt am Mittwoch auf der Silvesterparty des Muffatwerks. (Foto: Foto: oh)

Spätestens an diesem Punkt geht der Plan der La Brass Banda auf, bayrische Volksmusik als Clubmusik zu präsentieren. Die Idee dazu kam Gründungsmitglied Stefan Dettl, als er einmal in einem New Yorker Club die Youngblood Brass Band erlebte, die ihrerseits mit sieben Blechbläsern Clubmusik interpretierte. Mit befreundeten Musikern, die der studierte Trompeter Dettl aus verschiedenen Sinfonie- und Jazz-Orchestern kannte, gründete er 2007 die La Brass Banda.

Bereits ihr drittes Konzert spielten sie in einem Club in London. Ein Künstler habe sie damals eingeladen, nachdem er die Chiemgauer über deren My Space-Seite kennen gelernt hätte, erinnert sich Dettl. Ein Jahr später lädt sie der Jugendfunk des Bayerischen Rundfunks, On3radio, zum Interview ins Studio. Irgendwer vom Sender schlug dann wohl vor, die Band solle doch am Abend auf Hias Schaschkos Rosenmontagsparty in der Registratur spielen.

Die einzigartige Mischung aus Party, Konzert und Session begeistert auch Gastgeber Schaschko so sehr, dass er der befreundeten Plattenfirma Trikont von jenen Blechbläsern vorschwärmt, die ihrerseits den Kontakt mit den "Men in Blech" aufnimmt und schon zum 6. Juni deren selbst produziertes Debütalbum "Habediehre" veröffentlicht. Um das Album zu bewerben, fährt die Band mit Freunden und fünf NSU-Mopeds und einem alten Traktor während der Fußball-Europameisterschaft 2008 durch Österreich nach Wien.

In einem kurzen Fernsehbeitrag der österreichischen Nachrichtensendung "Zeit im Bild" sieht man La Brass Banda, wie sie am 7. Juni auf der Salzburger Fanmeile spielt. Noch hält der Sprecher sie für schwedische Fußballfans. Ein Verantwortlicher für die Fanmeilen der EM in Österreich entdeckt die Band und lädt sie ein, zum Finale in Wien am 29. Juni auf der Hauptbühne zu spielen. Den Rest der "Tour" spielt sie mal in Jugendzentren, mal auf Marktplätzen, je nach dem, was sich gerade ergibt. Mit einer Höchstgeschwindigkeit des Traktors von 18 km/h legen sie dabei am Tag verhältnismäßig kurze Distanzen zurück.

Stefan Dettl gefällt diese "langsame Art des Tourens", wo man die Veränderungen von Landschaften noch bewusst wahrnehmen kann und die Fahrt zum nächsten Spielort noch einer Reise statt einem Zappen zwischen den Auftritten gleicht. Also probieren sie im Dezember eine weitere langsame Fortbewegungsart aus und wandern auf alten Holzskiern von Skihütte zu Skihütte, wo sie zwischen all den High-Tech-Snowboardern und -Skifahrern schon äußerlich auffallen.

Wenn sie diese dann noch mit einem Konzert überraschen, erlebt das Publikum in der Tat eine verkehrte Welt. Während Fans der Combo im Herbst vergebens auf Einlass ins ausverkaufte Konzert im Ampere oder im Lustspielhaus hofften, kommt hier das Konzert zu den Zuschauern, die die Band in einem gemütlichen Kreis erleben, wie es seit ihrem Auftritt auf Hias Schaschkos Faschingsparty eher seltener wurde.

Zu erfolgreich erweist sich La Brass Banda mit ihrem Mix aus Funk, Soul, Dub, Balkan Beats und Bajuwarischem, als dass sie noch ein Geheimtipp wären - auch zu ihrem Tollwood-Konzert kamen mehr Menschen, als im Bierzelt Platz fanden. 106 Dezibel gestatteten die Veranstalter den Musikern als Höchstlautstärke, was für Blechbläser, die schon unverstärkt 110 Dezibel aufbringen, eine Herausforderung ist. Wenn sie auf der Silvesterparty im Muffatwerk ihr letztes Konzert in diesem für die Band sehr ereignisreichem Jahr spielen, wird sie sich über einer solch rigorosen Lautstärkenregelung nicht ärgern müssen.

Stattdessen wird La Brass Banda einmal mehr beweisen, dass drei Bläser und ein mitklatschendes Publikum genügen, um eine Partymusik zu schaffen, der sich nicht einmal überzeugte Nicht-Tänzer entziehen können, bevor Bass und Schlagzeug jeden restlichen Widerstand brechen: Dann wird ins neue Jahr getanzt, für das La Brass Banda sowohl eine neue Platte als auch einen Auftritt während der Eiskletter-WM in Südtirol plant.

© SZ vom 30.12.2008 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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