Kritiken auf Qype oder Yelp:Wie bestellt

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Dass Empfehlungen aus dem Netz auch Verkaufsargumente sind, zeigt sich an den Türen vieler Gaststätten (Foto: Stephan Rumpf)

Manchen Wirten sind sie so sympathisch wie Mäuse in der Küche, andere schätzen den Werbeeffekt. Für Gäste sind Bewertungsportale wie Qype oder Yelp oft die wichtigste Referenz. Dabei stehen hier auch mal wilde Gerüchte.

Von Franz Kotteder

Na, das muss ja eine saubere Kneipe sein! "Der Service war unter aller Kanone", schreibt der User Tabone aus München, "unfreundlich, niveaulos und hat uns den Abend dort allen verdorben." Muc13 aus München hat ähnliche Erfahrungen gemacht: "Das Personal hat eine sehr unfreundliche Art. Das Restaurant macht zwar auf Rock und so, leider jedoch habe ich noch nie Kellner gesehen, die so abfällig sind und eine Bierbestellung abwertend aburteilen, als hätte man sich ein kostenloses Leitungswasser geordert." Andere Gäste beschweren sich, dass der Inhaber des Lokals sie angefahren habe, weil ihm das Trinkgeld zu niedrig war. Und so geht es weiter. Ab und zu mischt sich der Inhaber des Lokals persönlich ein. Dann postet er etwa: "Wenn der Bauer nicht schwimmen kann, ist immer die Badehose schuld!"

Wir befinden uns auf Qype.com, einem Bewertungsportal im Internet. Man kann sich dort anmelden und seine Kommentare abgeben zu Restaurants und Lokalen, die man besucht hat. Das "Last Supper" in München scheint dabei besonders schlecht wegzukommen. Es handelt sich um ein "Rock-'n'-Roll-Restaurant", in dem die Kellner eher nach Roadies aussehen, in dem es aber bessere neudeutsche Küche mit mediterranem Einschlag gibt.

Inhaber Tobias Gietz lacht lauthals, wenn man ihn auf die Internet-Bewertungen anspricht: "Wir forcieren das sogar ein bisschen. Wir halten uns damit die Leute vom Leib, die wir nicht haben wollen." Dann wird er kurz ernst und sagt: "Angebrachte Kritik ist ja völlig in Ordnung. Aber auf diesen Bewertungsportalen findet man fast nie einen konstruktiven Ansatz."

Tatsächlich ist es oftmals schwierig, sachliche Informationen herauszufiltern aus den Beiträgen, die in Bewertungsportalen wie Qype.com oder Tripadvisor.de erscheinen. Hinzu kommt, dass viele User nur dann schreiben, wenn ihnen etwas nicht gepasst hat - erst dann verspürt man ja einen gewissen Druck, sich zu äußern, aus Wut oder Zorn heraus. Für positive Bewertungen hingegen fehlen offenbar ein bisschen die Worte. Meistens beschränkt sich die Wertung dann darauf, das Essen sei "lecker" gewesen, was ein sehr dehnbarer Begriff ist.

Manchmal wird die Anonymität, die Nutzerportale bieten, auch genutzt, um dem Betreiber des Lokals oder dem Personal eins auszuwischen. Manchmal sind es Neider oder Konkurrenten, die sich besonders negativ äußern. Und manchmal entstehen auf diese Weise sogar so etwas wie urbane Mythen.

Eine davon betraf bis vor etwa einem Jahr Münchens allgegenwärtigen Fernsehkoch Alfons Schuhbeck. Über dessen Lokal "Südtiroler Stuben", das einen Michelin-Stern führt, geisterte über viele Monate hinweg durchs Internet das Gerücht, einzelne Gäste hätten mit der Rechnung ein Schreiben überreicht bekommen, sie sollten doch bitte nicht mehr wiederkommen, weil sie vom Teller des Nachbarn gekostet hätten. Bald schon traf man immer mehr Leute in der Stadt, die von Bekannten wussten, die das angeblich selbst erlebt hatten. Alfons Schuhbeck setzte schließlich eine Belohnung von 5000 Euro aus für jeden, der ihm ein solches Schreiben bringe.

"Natürlich mussten wir nie zahlen", sagt seine Sprecherin Vassilika Drossinou. Die Gerüchte sind inzwischen auch weitgehend verstummt, und Drossinou kann heute sagen: "Wir haben mit Bewertungsportalen weder besonders schlechte noch besonders gute Erfahrungen gemacht."

Besonders gute Bewertungen kann man sich freilich auch kaufen. Hans Zürrlein etwa, damals noch Inhaber des französischen Restaurants "Dukatz" in der Münchner Innenstadt, bekam im Juli vergangenen Jahres eine E-Mail der in New York ansässigen Firma Tripadvisorsuccess.com. "Wäre es nicht nett, bei Tripadvisor auf Platz 1 zu sein und immer ausreserviert zu sein?", stand darin, sowie das Angebot, in diesem Bewertungsportal für Hotels und Restaurants unter den Top-Rankings geführt zu werden.

Auf der Homepage des Unternehmens wird einem dann in mehreren verschiedenen Sprachen, unter anderem in nicht ganz unfallfreiem Deutsch erklärt, wie das so geht: "Wir empfehlen Ihnen, einen Plan auszuwählen, der Sie mit monatlichen positiven Bewertungen ausstattet." Sechs "garantiert positive Bewertungen pro Monat" seien beispielsweise schon für 749 Dollar zu haben, heißt es dort, und brächten um die 60 zahlende Gäste.

Es handelt sich bei letzterer Gleichung wohl um eine Art Milchmädchenrechnung, die nicht allzu viele Gastronomen nachvollziehen würden. Auch Stephan Kuffler nicht, Juniorchef der Münchner Kuffler-Gruppe, eines der größten Gastronomieunternehmen Deutschlands. Aber ins Internet investiert auch sein Unternehmen: "Wir haben seit zwei Jahren jemanden auf Basis von freier Mitarbeit, der sich ausschließlich um das Online-Marketing kümmert."

Die Gaststätten der Kufflers, vom "Seehaus" im Englischen Garten bis zum "Spatenhaus" an der Oper und zum Weinzelt auf der Wiesn, kämen zwar "meistens ganz gut weg". Aber das habe wohl auch damit zu tun, dass man auf jede Äußerung in Bewertungsportalen reagiere und Stellung nehme. Freilich, es gebe auch manche Absurdität, sagt Kuffler. Einmal habe sich ein Gast im Weinzelt mittels iPhone auf einem Bewertungsportal über die Rohrnudel beschwert, die er gerade aß, anstatt etwas zur Bedienung zu sagen. "Das war ein Kommunikationsgenie", sagt Kuffler. Sein Fazit: "Diese Bewertungsportale sind zum Teil lehrreich und zum Teil nutzlos."

© SZ vom 17.04.2013 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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