Konkurrenz:Bereitschaftsdienst statt Notaufnahme

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Werbeaktion der Kassenärzte für ambulante Versorgung stößt bei Kliniken auf Kritik

Von Dietrich Mittler

Litfaß-Säulen sind keineswegs out, doch die Kassenärztliche Vereinigung Bayerns (KVB) greift nun zu einer mobilen Lösung, um ihre Botschaft an die Patienten zu bringen. Die nächsten drei Tage soll an "stark frequentierten Orten in München" ein Kleinlaster die Blicke auf sich lenken. Darauf ein großes Poster, auf dem steht: "Es gibt tolle Krankenhäuser. Wir sorgen dafür, dass Sie nicht dorthin müssen." Gezeichnet mit: "Die Haus- und Fachärzte". Ziel dieser Aktion - sie ist Bestandteil der bundesweiten "Woche der ambulanten Versorgung" - seien "eine bessere Patientensteuerung und eine Entlastung der Notaufnahmen der Kliniken". In der Tat sind Krankenhaus-Ambulanzen insbesondere bei Grippewellen oft hoffnungslos überfüllt.

Gesundheitsministerin Melanie Huml (CSU) reagierte positiv auf die KVB-Aktion. Nicht jede Erkrankung sei ein Fall für den Notarzt oder die Notaufnahme im Krankenhaus, erklärte die Ministerin am Montag. Vielmehr sei der Bereitschaftsdienst der KVB unter der Rufnummer 116 117 "die richtige Anlaufstelle, die außerhalb der regulären Praxisöffnungszeiten die notwendige Diagnose und Behandlung" gewährleiste. Aber, so sagte Huml: "Zurückliegende Grippe-Saisonen haben gezeigt, dass vielen das Angebot des ärztlichen Bereitschaftsdienstes noch nicht ausreichend bekannt ist." Daher sei die KVB-Aktion zu begrüßen.

Wenig begeistert reagierte allerdings die Bayerische Krankenhausgesellschaft. Deren Geschäftsführer Siegfried Hasenbein sagte: "Es ist zwar richtig, dass die KVB den Vorrang der ambulanten vor der stationären Versorgung herausstellt. Aber es ist merkwürdig bis unangenehm, wie sie das macht." Auf dem Poster sei "ein Tonfall bemerkbar, wo man statt gemeinsamer Interessen doch eher Konkurrenz bis hin zur Gegnerschaft herauslesen" könne.

Tatsächlich, und das stellt auch KVB-Chef Wolfgang Krombholz klar, geht es ums Geld. Durch die Gesetzgebung müssten "die Forderungen der Krankenhäuser aus dem Topf der niedergelassenen Ärzte bezahlt werden", wenn Patienten statt der ärztlichen Bereitschaftsdienste die ambulante Notfallbehandlung der Kliniken in Anspruch nähmen. Allerdings sei es ja gar nicht so, dass Kliniken in der Notfallversorgung die Hauptlast trügen. "68 Prozent der Notfälle am Wochenende und an den Feiertagen werden im organisierten Ärztlichen Bereitschaftsdienst behandelt", sagte Krombholz. Hasenbein konterte: "Ich wäre nicht stolz darauf zu betonen, nur zwei Drittel unseres Sicherstellungsauftrags erfüllt zu haben." Es sei doch die Frage, warum so viele Patienten auch mit leichteren Beschwerden in die Notaufnahme der Kliniken gingen - "obwohl wir selbst davon abraten".

© SZ vom 27.06.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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