Kommunalreferat:Ein Herz für kleine Läden

Lesezeit: 2 min

Um inhabergeführte Geschäfte zu halten, vermietet die Stadt günstig

Ginge es allein ums Geld, wäre vielleicht schon ein Textil-Discounter im Ruffiniblock zu Hause. Oder eine internationale Burger-Kette. So aber steht Walter Drum inmitten des gediegen-braunen Mobiliars seines Ladens, umgeben von Brillen. Im nächsten Jahr kann Optik Messbacher seinen 90. feiern, Drum führt den Laden in dritter Generation. Eigentlich, das weiß der Mann im blauen Pullover sehr genau, hätte ein solches Geschäft keine Chance mehr in der Münchner Innenstadt. "Inhabergeführte Betriebe sind in dieser Lage eigentlich nicht mehr möglich", weiß der Optikermeister, der daher seinem Vermieter äußerst dankbar ist.

Das hört Axel Markwardt gern. Münchens Kommunalreferent, sozusagen der oberste kommunale Immobilienverwalter, berichtet nicht ohne Stolz von dem Luxus, den sich die Stadt leistet: "Wir könnten hier bis zum Zehnfachen an Miete herausholen", berichtet Markwardt. "Aber die kleinen Läden liegen uns am Herzen." Sie könnten nur weiterexistieren, weil die Kommune äußerst günstige Mieten verlangt. Im Ruffiniblock am Rindermarkt, in den 34 Erdgeschossläden des Rathauses am Marienplatz, aber auch in Einzelgebäuden wie dem Hirmer-Haus, das der Stadt zu zwei Dritteln gehört. Mit der Folge, dass dort noch immer ein Traditionsladen wie Hut Breiter logiert. Der Mietvertrag mit der Stadt stammt aus dem Jahr 1919.

Der Mieterwechsel hält sich in Grenzen in den Immobilien der Stadt. Der Juwelier Thomass am Marienplatz etwa verkauft dort seit 1953, es gibt nach wie vor zahlreiche Ladenmietverträge aus den Siebziger- und Achtzigerjahren. Ganz anders als im großen Rest der Münchner Altstadt, zu der die kommunalen Ladengeschäfte ganz bewusst ein Gegenmodell bieten sollen. Dort werden Markwardt zufolge problemlos Mietpreise von 400 Euro pro Quadratmeter oder mehr erzielt, ständiger Wechsel beherrscht das Bild. "Es wird zu Recht beklagt, dass die Innenstädte großer Metropolen immer gleichförmiger aussehen." München kann dabei mit Weltstädten wie Paris und London mithalten: bis zu 200 000 Passanten an Spitzentagen, Mieten, die nur noch von großen Handelsketten bezahlt werden können. Denen gehe es ums Prestige der Adresse, weiß Markwardt - verdient werde eine solche Miete in der jeweiligen Filiale nicht. "Das ist eine Mischkalkulation."

Praktiziert wird das Modell, das zumindest in Ansätzen das bunte Bild der Münchner Innenstadt erhalten soll, seit Jahrzehnten. Als wirklich existenziell erweise es sich aber erst seit 2007/08, als die Preise durch die Decke gingen, berichtet der Kommunalreferent bei einem Rundgang durch die städtische Ladenwelt. Markwardt und auch der Münchner Stadtrat wollen deshalb unbedingt an den günstigen Mieten festhalten. Im vergangenen Jahr, als es um die Sanierung des Ruffiniblocks ging, hat die Politik diesen Kurs noch einmal bekräftigt. Vor wenigen Wochen beschloss der Stadtrat, gar keine Immobilien mehr gewinnbringend zu verkaufen und die Bestände gezielt zum Drücken der Mietpreise zu nutzen. Und zu kaufen, was hergeht. Was allerdings für private Häuser in Kaufingerstraße und Co. nicht gilt. Die sind selbst für die Stadt zu teuer.

© SZ vom 21.04.2017 / dh - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: