Kommentar:Zweite Wahl

Lesezeit: 2 min

Die Chancen für Brigitte Meier, als Sozialreferentin wieder gewählt zu werden, steigen. Ob das für sie, die Stadt, aber auch für die SPD gut ist, ist eine ganz andere Frage

Von Sven Loerzer

Es war ein hoffnungsvoller Start vor sechs Jahren: Erstmals eine Frau an der Spitze des Sozialreferats, in dem weit mehr als die Hälfte der fast 4000 Beschäftigten Frauen sind. Auch wenn die Sozialdemokratin Brigitte Meier über keine Verwaltungserfahrung verfügte, schien das zunächst Nebensache zu sein, weil sie, wie man glaubte, das Herz am rechten Fleck hatte.

Doch es ging einiges schief, was schließlich sogar den Stadtrat beschäftigte. Ob es die Decken waren, die im Kälteschutz nicht mehr ausgegeben werden sollten, oder aber die Diskussion um leer stehende Wohnungen von Stiftungen, die vom Sozialreferat verwaltet werden. Auch in der eigenen Fraktion mehrte sich der Ärger darüber, dass Brigitte Meier nicht gerade Glanzleistungen hinlegte. Dann der Verdruss über die Informationspolitik zu Flüchtlingsunterkünften, schließlich die erst mit Verspätung geltend gemachten Rückerstattungsansprüche für die Unterbringung und Betreuung von jungen Flüchtlingen. Gewiss, die letztlich der Stadt entgangene Summe mag nicht hoch erscheinen gemessen an einem Ausgabenbudget des Referats für dieses Jahr in Höhe von fast 1,4 Milliarden Euro. Aber es zeigt einmal mehr, dass Meier ein permanentes Risiko bleibt für die Außenwirkung der Rathaus-Regierung, wenn nicht einmal Verwaltungsabläufe ordnungsgemäß funktionieren. Zu Recht machte die SPD sie bei der letzten Wahl nicht zur OB-Kandidatin, sondern entschied sich für Dieter Reiter.

Um so riskanter erscheint nun aber die Wahl der angeschlagenen Referentin im zweiten Anlauf wiederum für ihre eigene Fraktion, die SPD, die offenbar vergessen hat, wie sehr die Leerstandsdiskussion den Wahlkampf befeuert hat. Dies gilt aber auch für den Kooperationspartner CSU. Dort wird man zwar ihre Wiederwahl hinnehmen müssen, weil die SPD mit dem Kooperationsbruch drohen dürfte. Die CSU setzt darauf, dass weitere Fehler Meiers bis zur Kommunalwahl 2020 vor allem dem Ansehen der SPD und ihres Oberbürgermeisters Dieter Reiter schaden dürften.

Die Wiederwahl gerät so für beide Parteien zu einem gleichermaßen riskanten Roulette: Der Einsatz ist hoch, denn eine gewählte Referentin wird man während einer laufenden Amtszeit kaum mehr los. Das hat in der Vergangenheit das Trauerspiel um eine ebenfalls von der SPD gewählte Kulturreferentin gezeigt, die schließlich fast keiner mehr haben wollte und die dann aber dennoch bis zum Ende ihrer Amtszeit blieb.

Schlimmer aber noch träfe eine solche Agonie das Sozialreferat und die Hilfe suchenden Menschen. Brigitte Meier, die ohnehin schon nicht zu den Referenten mit dem stärksten Rückgrat gehört, geht aus einer von der SPD mühsam durchgesetzten Wiederwahl nicht gestärkt hervor. Doch Menschen, die in existenzieller Not Hilfe benötigen, brauchen eine Sozialreferentin, die kraftvoll, mit Herz und mit Autorität den Schwachen eine Stimme verleiht. Und die Stadt selbst braucht eine gut organisierte und verlässlich funktionierende Verwaltung.

© SZ vom 17.02.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: