Hurra, wir sperren eine Straße! In den Siebzigerjahren hätte so eine Aktion langhaarige Ökoaktivisten und verstrubbelte Anarchisten verzückt. Und heute? Erstellt allen Ernstes die Sicherheitsbehörde der Landeshauptstadt ein Gutachten darüber, ob und wie auf der Verkehrstrasse an der Isar ein Wochenende lang Zehntausende Autos ausgesperrt werden könnten. Was mal revolutionär war, finden in München längst auch Konservative ganz normal. Im Kommunalwahlkampf vor zwei Jahren unterstützte nicht nur die damalige OB-Kandidatin der Grünen, Sabine Nallinger, das temporäre Straßenprojekt, sondern auch der heutige Oberbürgermeister Dieter Reiter (SPD) und sogar CSU-Mann Josef Schmid. Nur: Was soll an der Aktion eigentlich so toll sein?
Sicherlich ist es ein nettes Gefühl, einmal wie einst während der Ölkrise auf einer sonst viel befahrenen Autostraße zu sitzen oder zu flanieren. Aber sensationell neu ist die Idee eben nicht. Genau auf der sogenannten Isarparallele findet jährlich das Isarinselfest statt, bei dem sich Zehntausende zwischen Würstl- und Informationsbuden drängeln. In der Ludwig- und Leopoldstraße feiern an zwei Wochenenden jährlich bis zu eine halbe Million Menschen den Corso Leopold und das Streetlife Festival. Und im Sommer rollt an Montagabenden die Blade-Night ganz selbstverständlich durch gesperrte Straßen in der Stadt.
Statt einen temporären "Isarboulevard" zu feiern, für den mit städtischen Gutachten und Zuschüssen viel Geld vergeudet wird, sollte der Stadtrat lieber schleunigst die Pläne für die innerstädtische Isar voranbringen. Damit könnte die breite Verkehrsschneise entlang des Flusses endlich so umgestaltet werden, dass sie tatsächlich mal einem urbanen Boulevard gleicht. Mit viel Platz für Radfahrer, Fußgänger und ja: auch noch etwas Raum für Autos.