Kommentar:Ruhe auf Zeit

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An Lob für Ex-Minister Spaenle mangelt es nicht. Doch erst in ein paar Monaten wird sich zeigen, wie belastbar diese Aussagen sind

Von Dominik Hutter

An Lob mangelt es nicht. Ludwig Spaenle genieße eine "bundesweite Reputation als durchsetzungsstarker, überlegter und intellektuell brillanter Vollblutpolitiker". Sagt dessen Vize als Bezirkschef, Bürgermeister Josef Schmid. Der zweite Vize, Georg Eisenreich, fügt noch hinzu, der entlassene Minister "ist und bleibt ein starker Bezirksvorsitzender der Münchner CSU". Wie belastbar diese Aussagen sind, wird sich erst in den kommenden Monaten erweisen. Eisenreich, der in Spaenles Schatten nach oben kam, gilt als einer der Sieger der Kabinettsrochade. Dass der soeben geschasste Kultusminister dies goutiert, ist zumindest unwahrscheinlich. Zu naheliegend ist der Gedanke, dass in der proporzverliebten CSU der Aufstieg des einen Münchners (Eisenreich) ohne den Fall des anderen (Spaenle) nicht möglich gewesen wäre. Die Einheit des bislang so harmonisch agierenden Trios an der Spitze der Münchner CSU ist keineswegs garantiert. Zumal Eisenreich als gewiefter Taktiker gilt, als einer, der mit aller Macht nach oben will.

Sollte er Spaenle als Bezirkschef herausfordern, muss ihm diese Eigenschaft nicht zwangsläufig nutzen. Während die Entlassung Spaenles als Minister auf taktischen Überlegungen des neuen Ministerpräsidenten beruht, kann in der Münchner CSU eine große Zahl von Parteimitgliedern mitschnabeln. Und unter denen hat Spaenle dann doch mehr Sympathisanten als Eisenreich. Bisher zumindest. Der einstige Fernsehredakteur kann zwar polternd auftreten, gelegentlich erinnert sein Redestil ein wenig an die markigen Tiraden von Franz Josef Strauß. Aber er gilt als menschlich, als einer, mit dem man zusammen lachen und ein Bier trinken kann. Viele dürften ihm auch nicht vergessen haben, dass er den von Otmar Bernhard begonnenen Kurs fortsetzte und Ruhe in die einst so zerstrittene Münchner CSU brachte. Die könnte bald dahin sein - vor allem, falls der angeschlagene Spaenle bei der Landtagswahl sein Direktmandat in Schwabing verliert. Spätestens dann werden die Karten an der Spitze neu gemischt.

© SZ vom 22.03.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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