Kommentar:Provisorium als Dauerlösung

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Die Stadt braucht dringend Unterkünfte für Flüchtlinge. Deshalb werden nun im großen Stil Container aufgestellt, die auf Jahre stehen bleiben. Doch sie lösen nicht wirklich die Probleme

Von Sven Loerzer

Noch nicht einmal ein Jahrzehnt ist es her, dass sich der Sozialausschuss des Münchner Stadtrats einstimmig für die Schließung der staatlichen Container-Unterkünfte für Flüchtlinge ausgesprochen hat - und zwar aus guten Gründen. Das geschah nicht nur deshalb, weil die Container-Anlagen heruntergekommen und abgewohnt, die hygienischen Zustände unhaltbar waren. Viele Asylbewerber mussten Jahre in den engen Gemeinschaftsunterkünften verbringen unter schwierigen Lebensbedingungen. Vor allem für Kinder ist dieses triste Umfeld alles andere als ihrer Entwicklung förderlich.

Doch nun fehlen wieder ausreichend Unterkünfte für Flüchtlinge, und weil die Zeit knapp ist, setzt die Stadt jetzt wieder auf Container-Unterkünfte, und nicht für wenige Menschen: 2400 Flüchtlinge sollen darin Platz finden. Platz? Davon zu sprechen erscheint übertrieben - für die meisten von ihnen gibt es nur noch 6,8 Quadratmeter Fläche pro Person. Die Container werden auch nicht etwa nur ein Provisorium bleiben, um die Zeit zu überbrücken, bis sie durch angemessene Gebäude ersetzt werden können. Das Sozialreferat geht von einer Nutzungsdauer von fünf bis zehn Jahren im Durchschnitt aus, zumal sonst auch der Kauf unwirtschaftlich wäre. Teurer als etwa Unterkünfte in Holzständerbauweise sind die Container ohnehin.

Und obwohl Anlagen mit bis zu 500 Plätzen in übereinander und nebeneinander gestapelten Containern schon im Juli und August bezugsfertig sein sollen, gibt es bisher kein Konzept, wie die Betreuung aussehen soll. Die SPD hat jetzt ihrer Sozialreferentin Brigitte Meier mit einem Antrag zu Recht kräftig Druck gemacht, noch vor der Eröffnung der ersten Einrichtung dem Stadtrat einen Vorschlag zur sozialen Versorgung vorzulegen. Denn das ist die einzige Chance, das Containerleben einigermaßen erträglich zu gestalten.

© SZ vom 30.04.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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